Befangenheitsantrag in Frankfurt abgelehnt

■ Verteidigung sieht Vorverurteilung im Prozeß zum Börsenanschlag / Richter folgten umstrittener Augenzeugin

Frankfurt (taz)- Im Frankfurter 129a-Prozeß (Anschlag auf die Wertpapierbörse) hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt einen Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen den 4. Strafsenat zurückgewiesen. Die Rechtsanwälte hatten vergangene Woche Ablehnungsgesuche gestellt, nachdem sich die Staatsschutzkammer der umstrittenen Darstellung einer Augenzeugin angeschlossen hatte. Die Frau will einen der Angeklagten vor dem Anschlag unweit der Börse gesehen haben. Die Verteidigung sah die Angeklagten dadurch vorverurteilt.

In ihrem Beschluß geben die Richter des OLG zu, daß „bei isolierter Betrachtung“ der Anschein entstehe, die Staatsschutzkammer habe sich bereits festgelegt und sei davon überzeugt, daß die Angeklagten am Tatort waren. Gleichwohl gebe es aber keine Umstände, die „Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit“ der Kollegen rechtfertigten.

Die Rechtsanwälte forderten gestern erneut, das Verfahren und die Haftbefehle auszusetzen. Zur Begründung führte die Verteidigung ein Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt an.

Mit dem Verfahren wollen die Rechtsanwälte eine einstweilige Verfügung gegen den „Maulkorberlaß“ des hessischen Innenministeriums erwirken. Das Ministerium hatte Staatsschutzbeamten eine Aussagegenehmigung für das Verfahren und dem Gericht Einblicke in die Lichtbildkartei „politisch motivierte Straftäter“ verweigert.

M.B.