Rabta-Prozeß: „Kein Anlaß zu Mißtrauen“

■ War der bundeseigene Salzgitter-Konzern seit 1986 Mitwisser im libyschen Giftgas-Geschäft? / Die Indizien häufen sich

Mannheim (taz) - Im Mannheimer Rabta-Prozeß häufen sich die Indizien, daß es im bundeseigenen Salzgitter-Konzern Mitwisser bei den Lieferungen der Giftgasfabrik nach Libyen gibt. Spätestens Ende 1986 tauchten innerhalb der Salzgitter -Industriebau (SIG), die mit Detailplanungen des Projektes „Pharma 150“ von Imhausen beauftragt war, konkrete Hinweise auf, daß die Anlage möglicherweise nach Libyen geliefert werden sollte. Am gestrigen Verhandlungstag wurde bekannt, daß ein Beschäftigter der Salzgitter-Industriebau (SIG) im Dezember 1986 von der Lahrer Firma Imhausen-Chemie ein Angebot erhalten hatte, nach der Fertigstellung der Fabrikanlage nach Libyen zu gehen. Der als freier Mitarbeiter in Köln tätige Ingenieur lehnte jedoch ab, nachdem er von der SIG signalisiert bekam, er müsse hierzu aus der Firma ausscheiden. Diesen Vorgang bestätigte SIG -Manager Wilhelm Görtz bei seiner Vernehmung im Frühjahr 1989 gegenüber dem BKA.

Die SIG-Geschäftsführer Dieter Otte und Andreas Böhm wurden ebenfalls auf den möglichen Auslandseinsatz hingewiesen. Der als zuständiger Geschäftsführer für das Projekt verantwortliche Böhm hatte daraufhin Hippenstiel-Imhausen um Klärung gebeten. Vor BKA-Beamten gab Böhm an, dieser hätte „energisch dementiert“ und die Sache als Mißverständnis bezeichnet. Er habe „keinen Anlaß zu Mißtrauen“ gehabt, da mit Imhausen eine „langjährige positive und erfolgreiche Zusammenarbeit“ bestand. Das galt auch für die anderen Geschäftsführer.

Böhm hatte bei seiner polizeilichen Vernehmung abschließend erklärt, daß ihm bei der Planung und Realisierung des Projekts „Pharma 150“ keine Informationen und Hinweise vorlagen, wonach die Anlage statt in Hongkong in Libyen gebaut werden sollte. Bereits in der vergangenen Woche belastete Jürgen Hippenstiel-Imhausen jedoch seinen Geschäftspartner Böhm schwer: Auf dessen ständiges Nachfragen habe er ihm schon im Herbst 1984 eingestanden, der Standort sei offiziell Honkong, inoffiziell aber Libyen.

Die Aussagen Hippenstiels hatten zu Beginn der Woche bei Salzgitter hektische Aktivitäten ausgelöst. Am Dienstag gab die SIG bekannt, daß Geschäftsführer Böhm bis zur Klärung des Sachverhalts auf eigenen Wunsch beurlaubt sei.

Erwin Single