Fast flächendeckender NC für West-Berlins Unis

■ Wissenschaftssenatorin Riedmüller macht ernst: Zum diesjährigen Wintersemester wird es nahezu an allen Fakultäten Zulassungsbeschränkungen geben / Die Senatorin will Ost- und West-StudentInnen quotieren / Der Beschluß ist weiterhin umstritten

Berlin. Im kommenden Wintersemester wird es an allen Westberliner Hochschulen einen nahezu flächendeckenden Numerus clausus geben. Dies stellte Wissenschaftssenatorin Barbara Riedmüller gestern auf einer Pressekonferenz klar. Wann genau sie die Universitäten anweisen wird, den NC auszuweiten: diese Katze ließ sie gestern allerdings noch nicht aus dem Sack. Höchstens eine Woche will sie den Universitäten noch Zeit geben, von sich aus die Zulassungsbeschränkungen auszuweiten.

Vor allem mit der FU liegt die Senatorin in der NC-Frage im Streit. Die TU hat bereits die Einführung eines flächendeckenden NC beschlossen. Allerdings wird diese Entscheidung des Akademischen Senats noch angefochten, da sie nicht auf einer öffentlichen Sitzung, sondern in einem schriftlichen Abstimmungsverfahren gefällt worden ist.

Die FU weigert sich bislang, in den Massenfächern - vor allem Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie - die Pforten zu schließen. Nur über die Germanistik hat die FU vorgestern einen NC verhängt. Dieser geht allerdings viel weiter als Senatorin Riedmüller vorgeschlagen hat: er ist zeitlich nicht begrenzt worden, und er reduziert die Studienanfängerzahlen unter den Durchschnitt der vergangenen Jahre. Demgegenüber wird die Senatorin die Hochschulen darauf verpflichten, die Anfängerzahlen auf den Durchschnitt der letzten Semester zu begrenzen, und dies vorläufig nur für ein Jahr.

Sie will damit verhindern, daß ein Run von DDR -StudienbewerberInnen die Westberliner Hochschulen überlaufen läßt. Der Kritik an ihrer NC-Politik hält sie entgegen, daß auch FU-Präsident Heckelmann ihr praktisch grünes Licht für die NC-Anweisung gegeben habe - und selbst Professoren vom Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft an der FU im Gespräch mit ihr für den NC plädiert hätten. Letztere stünden jedoch aus Angst vor ihren StudentInnen öffentlich nicht dazu.

Damit westdeutsche und Westberliner StudienbewerberInnen gegenüber DDR-AbiturientInnen mit ihrem guten Notendurchschnitt nicht benachteiligt werden, sollen die Plätze nach Quoten verteilt werden. Wenn also in einem Fach 30 Prozent der BewerberInnen aus der DDR kommen, werden die zu vergebenden Plätze im Verhältnis 70:30 auf die west- und ostdeutschen AspirantInnen aufgeteilt.

Riedmüllers Entscheidung für einen Westberliner NC steht im Widerspruch zu einer Presseerklärung, die der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Jürgen Wagner, noch vor wenigen Tagen herausgegeben hat. Darin plädiert er für das weitere Offenhalten der Hochschulen und fordert konkret, an der TU keinen flächendeckenden NC einzuführen und an der FU nur „in einigen wenigen Fächern“ Beschränkungen zu verfügen.

wist