Jugendliche! Zurück zur Schule. Marsch!

■ Ab 1. August sollen Jugendliche ohne Ausbildungsvertrag wieder die Schulbank drücken / „Laßt uns das aussetzen“

Jugendliche, die keine Lehrstelle gefunden haben. Jugendliche, die die Hauptschule ohne Abschluß verlassen haben. Jugendliche, die die Schnauze von der Schule gestrichen voll haben und von der Bildungsbehörde als „Schulverweigerer“ registriert worden sind: Speziell für sie hat sich die Bildungsbehörde etwas ausgedacht, etwas, das erst vor ca. vier Monaten in andere Ressorts durchsickerte, das aber schon zum 1. August starten soll: Ein neuer zweijähriger Ausbildungsgang an Berufsschulen. Schriftliche Begründung des Landesschulrats: „Die Schüler und Schülerinnen müssen ihre zwölfjährige Schulpflicht erfüllen.“ Zum 1. August sollen zu diesem Zweck 20 Klassen mit je ca. 15 SchülerInnen starten.

Für Günter Pahre, den stellvertretenden Direktor des Bremer Arbeitsamtes ist „dieser Zeitpunkt fatal“: „Wenn im Juni, Juli noch keiner weiß, wie das laufen

soll, brauchen wir uns nicht darüber zu unterhalten, wie die beschult werden.“ „Berufsbildungspolitisch“ begrüße er das Vorhaben der Bremer Bildungsbehörde jedoch, denn bisher habe diese sich der „Problem-Jugendlichen“ nicht angenommen, sodaß das Arbeitsamt notgedrungen mit den viel kritisierten „Auffangmaßnahmen“ eingesprungen sei. „Wenn die den Bildungsgang für 1991 planen würden, wäre ich dafür.“

Auf Kritik ist das Vorhaben der Bildungsbehörde auch bei freien Trägern gestoßen, in deren Kurse Jugendliche den Hauptschulabschluß nachholen können und bei denen sie bezahlt „Arbeiten und Lernen“ können, um anschließend außerschulisch motiviert - eine Lehre zu beginnen. Ab 1. August wird solch Außerschulisches für rund 300 Bremer Jugendliche nicht mehr möglich sein: Denn sie dürfen ab dann keine Arbeitsverträge (für „Ar

beit und Lernen“) mehr abschließen, bevor sie nicht ihrer zwölf-jährigen Schulpflicht nachgekommen sind. Katja Barloschky vom „Verbund gegen Jugendberufsnot“: „Das ist eine lebensfremde Beamtentischplanung. Es kann nicht erfolgversprechend sein, Jugendlichen, die nach zehn Schuljahren keine Ausbildung machen können oder wollen, ausschließlich den Weg zurück auf die Schulbank zu ermöglichen. Wir fragen uns, ob wir nun mit vermehrten Polizeieinsätzen gegen Schulverweigerer rechnen müssen.“

Katja Barloschky erinnerte daran, daß 1989 gegen fünf Bremer „SchulverweigererInnen“ Jugendarrest angeordnet worden sei.

Der Gewerkschafter Helmut Zachau (GEW) erklärte: „Das Konzept ist Unsinn. Die Berufsschullehrer lehnen es ab.“ Die Bildungsbehörde solle erstmal die bestehenden Probleme lösen.

Fünzig Prozent der HandelslehrerInnen stünden vor der Pensionierung, das 10. Schuljahr sei noch im Chaos.

Abteilungsleiter Hannig vom Bildungssenator sieht das anders: „Wir haben ein Jahr Planung hinter uns. Ich bin nicht der Mei

nung, daß wir in diese Maßnahme hineinstolpern.“ Außerdem gehe auch seine Behörde gehe davon aus, daß „wir nicht alle Jugendlichen bekommen werden“. Man sei bereits dabei, für diese „Einzelfälle“ Auffangmaßnahmen zu organisieren.

B.D.