Der gelbe Multi

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(... die Post ist da, Do., 21.6., ARD, 20.15 Uhr) Was ist peinlicher als Ex-Bundespräsident Scheel, dem blökenden Barden, und seinen schmissigen Versen hoch auf dem gelben Wagen? Die deutsche Bundespost auf demselben hohen Roß, mit dem sie sich dann prompt in einem halben Jahrtausend Postgeschichte vergaloppiert. Eigentlich hätte die vom Bayerischen Rundfunk produzierte Sendung für die ARD -Programmkonferenz ein willkommener Anlaß sein müssen, es den Seppeln in München mal richtig heimzuzahlen - für all die Jahre des Ausscherens und Ausschaltens bei kritischen Sendungen, die der Anstalt im Dienste des bayerischen Ministerpräsidenten politisch nicht geheuer waren. Aber keine Hoffnung. Niemand hat gemurrt, und so konnten wir sehen, wie sich die Bayern eine - wie es im Abspann hieß gute Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundespost vorstellen: als anderhalbstündigen Werbeclip für den gelben Multi.

Da darf Seine Durchlaucht Johannes Fürst von Thurn und Taxis seinem Geschlecht posthum den Persilschein für den sozialsten Adel seit Erfindung der Leibeigenschaft ausstellen. Und Eberhard Feik - eingepackt in eine Uniform wie ein Rollmops - bläst uns als Postillon einen und vollbringt dabei die glanzvollen Leistungen eines Schauspielers von der Laienspielschar Buxtehude. Es ist ja so schön, daß im Ersten Weltkrieg immerhin noch die Feldpost funktioniert hat.

Überhaupt zeigt dieser Film, wie unbefangen wir endlich wieder mit deutscher Geschichte umgehen dürfen. Die ersten Fernsehversuchsprogramme - längst unter nationalsozialistischer Obhut - hat der BR ohne jegliche Kommentierung von damaligen Wochenschauen abgeklammert. Ziel der Sendungen sei es, „alle Volksgenossen“ teilnehmen zu lassen am „Erleben des ganzen Volkes“.

Was bleibt also? Nur die Empfehlung für eine Auszeichnung. Wer den öffentlich-rechtlichen Programmauftrag zur Information so dreist verdreht, daß er zum Schaufenster für den gelben Riesen degeneriert, muß mit dem Grimme-Preis geehrt werden. In der Sparte: Ab geht die Post ins hemmungslose Sponsoring! Dem Zuschauer bleibt da nur noch die Flucht an die warme Mutterbrust der Privaten. Da weiß man, was man hat. Stündlich eine etwa zehnminütige Pinkelpause. Das ist mehr als die 6,3 Minuten, die den Postlern seit der geschichtsträchtigen Streikwelle zustehen. Und immer noch zu wenig, um so eine Sendung durchzustehen.

Christof Boy