„Nur zur Beruhigung der Welt“

■ 15 Neinstimmen und drei Enthaltungen im Bundestag bei Abstimmung zur Grenzresolution

„Macht vor Recht - wie unter Stalin und Hitler“, „Wir werden weder heute noch morgen von Schlesien lassen“, „völkerrechtswidrig“, „Grenzdiktat“, „Legalisierung von Unrecht“: so schäumten gestern der Berufsvertriebene Herbert Hupka von der Schlesischen Landsmannschaft und sein Kollege Hartmut Koschyk vom „Bund der Vertriebenen“. Anlaß dafür ist der Ablaß, den sich Bundestag und Volkskammer zwecks baldiger deutscher Einheit am Donnerstag auferlegten: Mit breiten Mehrheiten stimmten die Parlamente für gleichlautende politische Erklärungen zur endgültigen Anerkennung der polnischen Westgrenze. Auch einigen anderen Abgeordneten paßte die Anerkennung nicht ins Weltbild. So stimmten in der DDR-Volkskammer bei nicht namentlicher Abstimmung sechs Abgeordnete aus der Fraktion der DSU gegen die Erklärung, im Bundestag stimmten namentlich 15 VolksvertreterInnen dagegen, drei enthielten sich. Hier die Namen der Gegenstimmen, ausnahmslos aus der CDU/CSU: Czaja, Dewitz, Engelsberger, Graf Huyn, Jäger, Kalisch, Kappes, Sauer (Salzgitter), Lowack, Mahlow, Marschewski, Niegel, Todenhöfer, Windelen, Wittmann.

Enthalten haben sich: Rossmanith (CSU), Schmidt (Grüne) und Fries (Grüne). Die beiden grünen Parlamentarierinnen begründeten ihre Enthaltung gegenüber der taz damit, daß die Entschließung zur Westgrenze mit der Einheit verknüpft werde. Sie sei quasi ein Tauschgeschäft, nur der „Preis der Einheit“ und diene damit der „Beruhigung der Weltöffentlichkeit“. Außerdem sei die Erklärung nicht völkerrechtlich verbindlich und setze in ihrem Wortlaut die Verbrechen der Nazis in Polen und die Vertreibung der Deutschen gleich.

kotte