Talkin‘ Böser Traum Blues

■ Freitags in „III nach Neun“: Schönhuber mit Spielkameraden

Das Fernsehen. Immer muß es Bilder anschaffen gehn, die ein Leben hermachen. Und wenn sie dann kommen, die Bilder, dann wird es nicht fertig mit ihnen. Hat man also für „III nach Neun“ den Schönhuber eingeladen, hu!, damit einmal ein bißchen Wortkrieg und Show in den Talk kommt. Ha!, das ist dem Franz schon recht, wenn es Blöde gibt, die ihm eine Bühne herrichten, wo er nur gewinnen kann. Ein paar Mitspieler hat er obendrein gekriegt.

Anja Silja, die gnä‘ Sopranistin, mag ja, wo draußen welche sind, die „bloß randalieren“, gar nicht „über Kul-Thuur sprechen“, bewahre, und verläßt sogleich, über die Maßen gekränkt, das Glashaus bei der Stadthalle. Jutta Speidel, die Schauspielerin, fängt an zu heulen, weil sie befürchtet, es könnte sie ein Stein treffen. Und Hans Kresnik lacht.

Wo die Kamera hinschaut, drängen sich Tafeln hinter den Fenstern. „Pfui Teufel!“, lesen wir und „Alles ist zur Show verkommen!“ Helme tauchen auf, Schilde, drauß‘ in der Welt ist Kampf und Polizei. Und drinnen, inmitten des Trubels hockt Schönhuber als der Klatschbuden-Mohr, fettiges Lächeln ins Gesicht geschmiert, und sagt: „Ich bin kein Faschist, das kann ich Ihnen verbindlich sagen.“

Moderatorin Bartel, Kamera im Gefolge, taucht draußen in die Menge. Einen leuchten sie heraus, der redet von Hunden ohne Maulkorb und davon, daß „nun also Faschisten offen reden dürfen“, dann trennt man sich unversöhnt. Schnitt ins Studio, wo di Lorenzi waltet, Gewitterwolken in den Augen, und der Krise ihr Management besorgt. Alle werden heute, was sie sind, ganz ohne einen Tropfen. Die Verwirrung hat weder Maß noch Ziel mehr.„Musik!“ befiehlt Frau Bartel, „das ist immer schön!“ Und gleich kullert erlösender Klavierklang, und eine Harp quakt den Blues dazu.

Wolfgang Thierse, der neue Chef der Ost-SPD, ist auch dabei. Er soll ein bißchen, sagt Frau Bartel, von seinem Land erzählen, „was bald unser...-ähh, unser aller Land sein wird“, und er tut es. Dem Gerhard Zwerenz aber hängt nach einer Stunde sein Brauengebüsch schon über die Oberlippe. Also ob ein freier Schriftsteller mal was über sein neues Buch sagen dürfe, „hier hat ja jeder seinen Kramladen mitgebracht“. Das ist wahr. Der Polizeibeamte Kittel, der, weil das korrekt klingt, lauter kleine Pausen zwischen seine Wörter stößt, hat einen Koffer voller Hooligan-Tatwerkzeug dabei. Der Hooligan, gibt er kund, ist in der Regel „junk / und träkt / eine beschdikkde / Wfeßde“. Schönhuber, wenn er zu Wort kommt, redet in einem fort wider die Steineschmeißer, und dann, grad paßt keiner auf, ist es schon wieder heraußen: „Und das darf ich noch sagen, der deutsche Soldat war kein Barbar.“

Er kann ja sagen, was er will. In einer Talkshow gewinnt er. Im Durcheinander sind alle dumm und haben gegen einen keine Chance. Im Zweifelsfall ist es Zeit für die Musikeinlage. Schönhuber sitzt und genießt seine Macht. Lächelnd schreibt er das Durcheinander auf sein Konto. Und ruft nach Ordnung. Ein Könner. Läßt sich umwuseln. Läßt den Zwerenz ihn sein Seelchen schauen und den Willen zum Bestsellerautor drin entdecken, läßt die Speidel über Politik reden, daß man hoffen muß, wenigstens ihr Schauspiel möge brauchbar sein. Und alles ist ein Abenteuer von Verlaufenen, und alle haben es erlebt. Das ist der Abend gewesen, an dem endlich, endlich Show und Schauplatz eins geworden sind. Manfred Dworscha