Räumung in Lesum angeordnet

■ Gespräch zwischen Lesumer Ortsamtsleiter und BesetzerInnen / Kück will 'Junges Wohnen‘ forcieren

„Das kannste echt vergessen!“ und: „Man hätte das Ganze gleich abbrechen sollen.“ Die HausbesetzerInnen in Lesum waren enttäuscht, obwohl Ortsamtsleiter Klaus-Dieter Kück, der Bürgerschaftsabgeordnete Wolfgang Kahrs (SPD) und Mitarbeiter des Amtes für Soziale Dienste Bremen-Nord den versprochenen Besuch in der besetzten Schlachterei Lindemann eingehalten hatten. „Irgendwie vorbeigeredet“

„Irgendwie“, so die BesetzerInnen einmütig, „redeten wir die ganze Zeit aneinander vorbei.“ Kück habe sich unter ihrer Forderung, das Haus im Ortskern zu erhalten und für ein alternatives Wohnprojekt zu nutzen, offenbar nichts vorstellen können. Seinen Vorschlag, für zehn Jugendliche

(die nach der Räumung des Lindemannschen Hauses wieder auf der Straße sitzen), in einem Neubaugebiet in Bremen-Grambke Wohnungen zu besorgen, lehnten die dagegen ab: „Wir wollen nicht im Getto leben.“

Beharrlich hatten die Besetzer Innen in dem Gespräch mit den Politikern erfahren wollen, warum die ehemalige Schlachterei nicht unter Denkmalschutz steht, obwohl sie gemäß Bebauungsplan im Sanierungsgebiet liegt. „Kück wich dieser Frage immer aus. Er hat die Schuld auf den Landesdenkmalpfleger geschoben“, berichtet ein Besetzer.

Ortsamtsleiter optimistisch

Ortsamtsleiter Kück hingegen zeigte sich keineswegs frustriert: „Politik und Verwaltung werden

sich in Zukunft mit dem Thema 'Junges Wohnen‘ beschäftigen müssen“, sagte er mit Nachdruck. Für „Junges Wohnen“, nach Auffassung Kücks mit Wohngemeinschaften in Drei- bis Fünfzimmerwohnungen, müßten dafür fünf bis zehn Prozent öffentlich geförderten Wohnraumes freigehalten werden. „Mit Ergänzungsmöglichkeiten, z. B. einem Gemeinschaftsraum oder einer Holzwerkstatt für Arbeiten in der Wohnung“, überlegt Kück weiter.

Der Rechtsanwalt der Oldenburger „BK-Bau“ überbrachte „Den Damen und Herren Besetzern“ am Freitag abend unterdessen auch den Räumungsbescheid des Landgerichts. Rechtsanwalt Uwe Voigt unterbreitete ihnen gleichzeitig den Vorschlag, ihr Besetzung als „politische De

monstration“ anzusehen und als solche zu beenden. Voigt: „Bei freiwilliger Räumung ist die Sache erledigt.“ Der Strafantrag werde zurückgezogen, eine Erstattung der Kosten nicht eingefordert. Die BesetzerInnen: „Wir lassen uns räumen“. Bis zum Ende der Woche will der Oldenburger Investor dies durchziehen.

Falsche Fährte

Anekdote am Rande: Auf dem Räumungsbescheid sind acht Namen aufgeführt. Nur vier davon sind allerdings den 30 BesetzerInnen der Schlachterei Lindemann auch bekannt. Ihre Erklärung: Die Polizei habe wohl die Autokennzeichen vor dem Haus notiert, deren BesitzerInnen ermittelt und Lesumer AutoparkerInnen so zu HausbesetzerInnen gemacht.

Ulf Buschmann