Polizei-Einsatz rettet Schönhuber-Auftritt

■ Ex-Vorsitzender der Republikaner talkte bei III-nach-Neun, Nasenbeinbrüche nach Schlagstockeinsatz

Das ganz smalle Talk fand unter Polizeischutz statt. Polizeihunde, Schlagstock und Presse waren am Freitag bei III-nach-Neun so frei, dem frisch ausgedienten Vorsitzenden der „Republikaner“, Franz Schönhuber, Gelegenheit zu fernsehunterhaltsamer Erläuterung der feinen Unterschiede zwischen ehrenwerten und weniger ehrenwerten SS-Leuten zu geben. Bilanz des Schönhuber-Besuchs in Bremen: Zwei von Polizeifäusten und Schlagstöcken gebrochene Nasenbeine, mehrere Biß- und Platzwunden auf Seiten der Demonstranten, zwei Polizisten, die Tränengas-Nebel in die Augen bekamen, ein verbeulter Kleinbus, eine geborstene Fen

sterscheibe. (Eine kurzfristig erwogene Verlegung der Sendung in ein weniger demonstrationsanfälliges Studio war aus Kostengründen verworfen worden).

Während es im Radio-Bremen-Glashaus an der Stadthalle schönstens huberte, demonstrierten rund 100 Antifaschisten gegen den Auftritt des ehemaligen Waffen-SS-Mitglieds im Bremer Fernsehen. Schon um 20 Uhr hatten sich die ersten Demonstranten vor dem Swutsch-Studio auf der Bürgerweide versammelt. Am Nachmittag war die Szene per Telefonkette oder Gerüchteküche mobilsiert worden, die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) hatte gleichfalls zu

Protestaktionen aufgerufen. Gegen 20.30 Uhr, die Polizei hielt sich noch in gebührender Entfernung zurück, wurde Schönhuber auf seiner Fahrt vom Parkhotel zu einem Hintereingang des Sendestudios identifiziert. Demonstranten sammelten sich um den von den Radio-Bremen-Gastgebern unverdächtig neutral gewählten Transportbus mit Schönhuber, einer mehrköpfigen Eskorte und der Sopranistin Anja Silja an Bord. Cola-Büchsen und Steine flogen. Einer durchschlug die Scheibe, verfehlte Schönhuber völlig, die Sängerin knapp. Schönhuber selbst gelangte fast unbehelligt in die Senderäume.

Noch vor Beginn der Sendung

boten RB-Fernsehdirektor Rüdiger Hoffmann und Moderatorin Juliane Bartel den Demonstranten einen Kompromiß zugunsten eines ungestörten Fernsehabends an: Eine der Delegation der Schönhuber-Gegner könne sich im Studio an der Debatte beteiligen, die übrigen dafür draußen Ruhe geben. Nach kurzer Debatte lehnten die Demonstranten einvernehmlich ab. Sie seien nicht da, um mit Schönhuber zu reden, sondern um seinen Auftritt möglichst zu verhindern, mindestens zu stören.

Pünktlich um 22.00 Uhr begannen die Demonstranten, an den Scheiben zu trommeln, Transparente wurden in die laufenden Kameras gehalten, kurzfristig fiel das Bild aus, Demonstranten hatten zielsicher das Hauptsendekabel gekappt, eine Scheibe barst - laut Polizei und RB-Redaktion nach einem Steinwurf, nach übereinstimmenden Aussagen mehrerer Augenzeugen war kein einziger Stein mehr geflogen, die Scheibe vielmehr Opfer eines Fußtritts. Unmittelbar danach griff die Polizei ein. Nahezu vorwarnungslos - wie auch unbeteiligte Zeugen berichteten - wurde der Schlagstock frei gegeben, die Polizeihunde losgelassen und die Demonstranten mit Schildern abgedrängt. Abziehende Demonstranten bis zum Hauptbahnhof eskortiert und z.T. noch in der Straßenbahn observiert. Vier Demonstranten wwurden vorläufig verhaftet. Als Gottfried Böttcher kurz nach Mitter

nacht zum letzten Mal in die Tasten griff, konnte Franz Schönhuber unbehelligt ins Parkhotelbett fallen.

K.S