Hormonimplantate und Bevölkerungspolitik

■ In Heidelberg berieten vorwiegend Männer über Verhütungsmethoden, die fast immer für Frauen gedacht sind / Menschenexperimente mit „Implantaten“ in Indien / Dennoch: Deutschland führt die „DIN-Norm“ für Kondome ein

Auf dem dritten internationalen Symposium über Empfängnisverhütung, gesponsert von der Weltgesundheitsorganisation (WHO), in der Heidelberger Stadthalle trafen sich in der vergangenen Woche „top experts“ aus aller Welt. Sie tauschten ihre neuesten Erkenntnisse aus und stellten insbesondere die Errungenschaften der Frauenheilkunde vor. Zum Beispiel wurden alle, die immer gedacht hatten, es sei die Spirale, die Entzündungen in der Scheide verursache, von dem Siegener Professor Peter F. Tauber eines Besseren belehrt: „Es ist immer das Sexualverhalten der Frau. Wenn man einer jungen Patientin das Intrauterinpessar verschreibt, muß man versuchen, jede Promiskuität auszuschließen.“

Nicht das Verhütungsmittel, sondern die Benutzerinnen verursachen also Probleme. Besonders die amerikanischen und schwedischen Frauen zeichnen sich - nach den Erkenntnissen Taubers - durch häufigen Wechsel der Sexualpartner und damit durch erhöhte Infektionsraten aus. Im katholischen Italien seien die Frauen dann schon besser für die Spirale geeignet. Der Frankfurter Gynäkologe Knut Hoffmann (Pro Familia) widersprach allerdings: Es seien die Männer, die solche Entzündungen mit einfachen Mitteln, nämlich „mit Wasser und Seife“, vermeiden könnten.

Auffällig war vor allem die wissenschaftliche Begeisterung der männlichen Forschergemeinde für Verhütungsmittel, die von Frauen zu benutzen sind. Ein Resultat: das Diaphragma mit dem Batteriesystem. Die Oberfläche des Diaphragmas wird mit einer leichten elektrischen Spannung belegt, die die Spermien in ihrer Lebensfähigkeit zu beeinträchtigen vermag.

Knut Hoffmann dagegen hat eine „hochinteressante Neuentwicklung“ aus den USA registriert: „Non Oxinol 9“, ein Scheidenzäpfchen, das „verträglich ist und nur zum Zeitpunkt der Ejakulation sauer reagiert. Keine Wärmeentwicklung und kein Brennen.“ Weiter malte Hoffmann aus: „Und es läuft nicht so raus wie bei einer Waschmaschine, wie die Frauen immer sagen.“ Das Zäpfchen befindet sich im Experimentalstadium.

Das gleiche gilt, wie Professor G. P. Talwars (Neu-Delhi) mitteilte, für eine spezielle Impfmethode. Talwars hat sie aber bereits in heimischen Gefilden ausprobiert: an „180 Frauen im reproduktionsfähigen Alter, die sexuell aktiv sind“. Solche Schilderungen lösen bei einer der wenigen Frauen beim Kongreß, Ute Sprenger, verhaltenes Entsetzen aus: „Natürlich, in Indien braucht da nicht mit Widerstand gerechnet zu werden.“

Weitere Neuheiten, an denen die Planer einer „negativen Bevölkerungspolitik“ so eifrig basteln, sind ebenfalls ausschließlich von Frauen anzuwenden: die „Implantate“. Dabei handelt es sich um Stäbchen, die unter die Haut im Oberarm eingesetzt werden. Sie setzen eine Mischung von Gelbkörperhormonen und Östrogenen frei. Fünf Jahre wird das Hormon direkt in den Blutkreislauf eingeschleust. „Da das Hormon nicht wie die Pille, durch den Mund eingenommen, die Leber passiert, tritt keine Übelkeit auf“, so Knut Hoffmann über die in Schweden und Finnland bereits praktizierte Methode. Aber wie bei allen Hormonpräparaten gibt es auch hierbei eine entscheidende Nebenwirkung: massive Blutungen können eintreten.

Eine Alternative zur Minipille hat die Schweizerin Marianne Mall-Haeffell in dieses sonst so männlich dominierte Feld geführt: Vaginalringe. Ein diaphragmaähnliches Gerät, das mit Hormonen arbeitet, die von der Scheidenhaut resorbiert werden. Immerhin auch in diesem Falle wird die Leberpassage und damit weibliches Unwohlsein ausgespart. Dieser Ring, der da auf uns zukommt, liegt drei Wochen in der Scheide und wird während der Menstruationswoche entfernt.

Pro-Familia-Mitarbeiter Knut Hoffmann vermißt allerdings die guten alten Kondome in dem Programm: Ende des Jahres werden in der Bundesrepublik DIN-Normen eingeführt. Keimfreiheit, Haltbarkeit und Materialbeschaffenheit werden darin festgelegt.

Gitta Düperthal