Gesamtschulen: Jeder dritte geht leer aus

■ Behörde verschickte Absagen ohne rechtliche Grundlage / Betroffene erwägen Klage

Lange Gesichter hat ein Brief der Schulbehörde jetzt bei vielen Bremer Eltern ausgelöst. Inhalt des amtlichen Schreibens: Eine Absage. 169 Eltern hat die Schulbehörde jetzt mitgeteilt, daß es für ihr Kind leider keinen Platz auf einer der vier Bremer Gesamtschulen gibt.

Unter den BewerberInnen um einen der Plätze an der Gesamtsschule guckt fast jede zweite in die Röhre: Auf 54 Zusagen kommen 53 Absagen. Ähnlich krass das Verhältnis an der Gesamtschule Ost. Von insgesamt 184 Gesamtschulwilligen sollen 76 wider Willen eine traditionelle Schule besuchen.

Zu ihrer Rechtfertigung hat die Schulbehörde vor allem eines vorzubringen: Geld- und Lehrermangel. Im Etat von Bildungssenator Henning Scherf gebe es einfach kein Geld für die Einrichtung zusätzlicher Gesamtschulklassen.

Die leerausgegangenen Eltern wollen sich mit dieser Ausrede allerdings nicht abspeisen lassen. Gegenargument Christine Busch-Oellerich, Alleinerziehende Mutter und Absage -Adressatin: „Der Senat weiß seit zwei Jahren, wie groß der Andrang in der Gesamtschule Mitte ist. Die Weichen für die Einrichtung zusätzlicher Klassen hätten längst gestellt werden können.“

Doppelt verärgert ist Christine Busch-Oellerich angesichts des Verfahrens, mit dem die BewerberInnen in glückliche Gesamtschulplatz-InhaberInnen und Leerausgegangene sortiert wurden: „Ich bin über das Auswahlverfahren erstmals durch das Absageschreiben informiert worden. Daß es z.B. eine Sonderregelung für Härtefälle gab, wußte ich überhaupt nicht, konnte als alleinerziehende, berufstätige Mutter deshalb überhaupt keinen Antrag auf eine Härtefallregelung stellen.“

Mit einer ganzen Reihe weiterer Absage-Opfer erwägt Busch -Oellerich jetzt rechtliche Schritte gegen das Ausleseverfahren. Mit guten Chancen, wie z.B. die Juristinnen in der Bremer Gleichstellungsstelle annehmen. Nach ihrer Überzeugung gibt es bislang überhaupt keine Rechtsgrundlage, auf der Ab- und Zusagen verschickt werden durften. Die entsprechende Regelung, nach der 80 Prozent aller freien Gesamtschulplätze im unmittelbaren Einzugsbereich vergeben werden, ist bislang lediglich von der Bildungsdeputation abgesegnet worden. Die Bürgerschaft als zuständiger Gesetzgeber soll sie erst in der kommenden Woche verabschieden und rückwirkend in Kraft setzen. Klartext: Die Behörden haben nach einem Gesetz gehandelt, das es noch gar nicht gibt, also auch noch nicht gelten kann. Empfehlung der Gleichstellungstelle für alle Absage -Opfer: Rechtsmittel einlegen, und zwar per Eilverfahren.

K.S.