Deutsche Einheit bringt Rekordverschuldung

■ Bundesbank mahnt öffentliche Haushalte zu „äußerster Ausgabendisziplin“ / DDR-Haushalt soll zunächst noch getrennt geführt werden / Ein weiterer Anstieg im Höhenflug der Zinsen zeichnet sich ab / Schätzungen über DDR-Haushaltslage auf wackligem Grund

Berlin (ap/taz) - Die Kosten der deutsch-deutschen Vereinigung werden die Staatsschulden in nie gekannte Höhen steigen lassen. Rund 100 Milliarden Mark werden die öffentlichen Haushalte in Ost und West im nächsten Jahr an Krediten aufnehmen müssen, schätzt die Deutsche Bundesbank in ihrem neuen Monatsbericht. Die Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden werden sich, so prognostizieren die Frankfurter Währungshüter, 1990 um zehn Prozent erhöhen. „Ungefähr die Hälfte des Anstiegs resultiert aus Hilfen an die DDR“, heißt es in dem Bericht. Noch in diesem Jahr werde die Neuverschuldung rund 80 Milliarden Mark betragen und damit die bisherige Rekordverschuldung aus dem Jahre 1981 von 74,7 Milliarden Mark noch übertreffen. Die gesamte Staatsverschuldung wird im nächsten Jahr die Schwelle von einer Billion DM überschreiten.

Gestützt auf diese Berechnungen mahnt die Bundesbank in der BRD wie in der DDR zu „äußerster Haushaltsdisziplin“, um den öffentlichen Kreditbedarf zu begrenzen. Der Bundesregierung legt sie den Abbau von Subventionen nahe. Dies würde es auch erleichtern, „bei Entscheidungen über staatliche Stützungsmaßnahmen in der DDR den öffentlichen Kreditbedarf zu begrenzen“. Schließlich solle auch die Möglichkeit geprüft werden, einen größeren Teil des Fonds „Deutsche Einheit“ aus Haushaltsmitteln statt mit Krediten zu finanzieren.

Die Berechnungen der Bundesbank decken sich in etwa mit den Haushaltsplänen, die Bundesfinanzminister Waigel (CSU) am Sonntag vorgelegt hatte. Hier ist im nächsten Jahr eine Nettokreditaufnahme von 32 Milliarden Mark vorgesehen; für Bund, Länder und Gemeinden ergibt sich eine Neuverschuldung von 53 Milliarden Mark. Dazu kommen die von der DDR geplanten Kredite in Höhe von 14 Milliarden, die zehn Milliarden, die die Treuhandanstalt aufnehmen will, sowie 31 Milliarden Mark, die im Rahmen des Fonds „Deutsche Einheit“ für nächstes Jahr vorgesehen sind. Der Kapitalmarkt wird dadurch stark beansprucht werden - ein zusätzlicher Auftrieb für den anhaltenden Höhenflug der Zinsen auf den internationalen Märkten.

Die Haushaltspläne des Bundesfinanzministeriums sehen außerdem vor, den DDR-Haushalt 1991 noch nicht in dem Etat der BRD zu integrieren. Die Einnahmen und Ausgaben der DDR sollen zunächst gesondert geführt werden. Vorgesehen ist für das nächste Jahr ein DDR-Etat von 100 Milliarden Mark, mit 56 Milliarden geplanter Steuereinnahmen und 14 Milliarden Mark Neuverschuldung. Den Rest soll Bonn zuschießen.

Aber: Niemand kann zur Zeit abschätzen, wie sich die Ertragslage der DDR-Unternehmen vom Zeitpunkt der Währungsunion an entwickelt. Alle Schätzungen über mögliche Steuereinnahmen und Staatsausgaben in der DDR stehen auf höchst wackligem Grund; auch über die auf Bonn zukommende Finanzierungslücke im DDR-Haushalt wird es deshalb erst im Lauf dieses und nächsten Jahres zuverlässige Anhaltspunkte geben.

Si