Schwimmende Leichen: Traumstrände

■ Ausstellung über Greuel in Sri Lanka will TouristInnen konfrontieren

Blutige Farbfotos, unter Lebensgefahr aus Sri Lanka herausgeschmuggelt, eines abstoßender als das andere: Ermordete Singalesen, die im Fluß treiben, Leichen kreuz und quer in einem demolierten Haus, ein abgetrennter bärtiger Leichenkopf, ein Männerrumpf auf der Straße liegend, ein zu Tode gebrachtes, mißhandeltes Baby, vor dessen Foto sich Schulkinder grauseln, bevor sie sich auf das Bild von dem Geköpften stürzen... Warum diese geballte Ladung Brutalität im Foyer des Überseemuseums? Der Mann, der diese Frage beantwortet, und der die Ausstellung initiiert hat, spricht ruhig und bedäc rweist auf die TouristInnen, die die preisgünstige „Trauminsel“ besuchten, und die die Realität nicht sehen wollten, „es sei denn beim Wasserski stoßen sie auf

eine Leiche“. Und er verweist auf die Londoner Zeitung „The Economist“, die die Insel Sri Lanka als den Ort bezeichnet hat, in dem zur Zeit die meisten politischen Morde begangen werden. Geschätzte Todesbilanz 1989: 60.000 Leichen. Viraj Mendis auf die ungläubige Nachfrage: Ja, in Sri Lanka sei das normal, daß Leichen herumlägen, binnen seines einjährigen Zwangsaufenthalts in der Heimat habe er sicher fünzig Leichen gesehen. Die Armee würde die Leichen zur Abschreckung liegen lassen. Aufgrund des Anstoßes den Touristen genommen hätten, habe die Armee jedoch angeordnet, die Leichen seien zweizuteilen, bevor sie in die Flüsse geworfen würden, damit sie künftig absänken.

Viraj Mendis war zu einem der weltweit bekanntesten Flücht

linge geworden, als ihm in England die Abschiebung gedroht hatte und eine Kirchengemeinde ihm zwei Jahre lang „Kirchenasyl“ in einer Sakristei gewährte. Die Kirche war jedoch gestürmt worden, er war nach Sri Lanka verbracht worden. In Sri Lanka lebte Mendis ein Jahr lang in Verstecken - und sammelte Material über die Greueltaten der Soldaten. Die Armee wolle mit den Massenmorden die linksgerichtete, nationalistische Opposition „JVP“ im singalesichen Teil der Insel vernichten. 90 Prozent der Kader seien bereits gemordet. Daher habe die Armee sich vom singalesischen Südwestteil der Insel in den letzten Wochen wieder bombardierenderweise den tamilischen Gebieten im Nordosten des Landes zugewandt.

Die Vorbereitung der Ausstel

lung hat einen Menschen das Leben gekostet: Der Studentenführer Gayan hatte Viraj Mendis Material geliefert. Nachdem er zu einer Verabredung nicht gekommen war, erfuhr Mendis, daß der Menschrechtsaktivist zu Tode gefoltert worden war.

Da aber andere Reiseländer im fernen Osten die Preise angezogen haben (Thailand, Malaysia, Indonesien), wird die preisgünstige „Trauminsel“ Sri Lanka in diesem Jahr wieder gerne und oft von deutschen ChartertouristInnen angeflogen. Harald Lieske, stellvertretender Geschäftsführer bei „paco -reisen“: „Ich hab‘ den Kunden gesagt, wie sich das im Land entwickelt. Aber wenn sie das nicht stört, fahren sie halt hin.“

B.D.

27.6., 20 h, „Sri Lanka“ - Betroffene berichten. Im Vortragssaal des Überseemuseums.