Folter in Mauretanien

ai sieht in Tortur und Hinrichtungen Regierungsstrategie zur Unterdrückung der schwarzafrikanischen Minderheit / Erst 1980 wurde die Sklaverei abgeschafft  ■  Von Bettina Kaps

Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) hat Mauretanien erneut beschuldigt, Angehörige der schwarzafrikanischen Minderheit der Halpulaar gefoltert und hingerichtet zu haben. Die Angriffe richteten sich gegen unbewaffnete Bauern und Viehzüchter. Im April seien mindestens 33 Halpulaar von Soldaten und Nationalgardisten erschossen oder gesteinigt worden. 39 weitere seien seither verschollen. Hunderte von Menschen seien willkürlich in Polizeikommissariaten eingesperrt, im Armeelager Azlat würden über 350 Menschen festgehalten.

Amnesty international berichtet zudem von einer Foltermethode namens „Jaguar“, bei der die Opfer an den Füßen aufgehängt und mit glühenden Eisenstangen gequält würden. Mehrere Mauretanier, die in das Nachbarland Senegal flüchten konnten, seien mit Brandwunden übersät.

In Mauretanien brechen seit Jahren immer wieder Feindseligkeiten zwischen dem arabisch-islamisch geprägten Norden und dem schwarzafrikanischen Süden des Landes aus. In Militärregierung, Armee und Verwaltung haben die weißhäutigen Mauren das Sagen, die überwiegend im Norden leben und die Arabisierung des Landes vorantreiben. Im Süden bilden schwarzafrikanische Völker die Mehrheit, deren Rechte stark eingeschränkt sind.

Die Regierung behauptet, daß nur 20 Prozent der zwei Millionen Staatsbürger Schwarze seien; Beobachter schätzen ihren Anteil jedoch auf 40 Prozent. Die Ergebnisse von zwei Volkszählungen aus den Jahren 1977 und 1988 hält die Regierung geheim.

Neben den Soldaten terrorisieren vor allem bewaffnete Haratin-Milizen die Bevölkerung, heißt es in dem Bericht von amnesty international. Die Haratin sind ebenfalls Schwarzafrikaner, doch als ehemalige Sklaven der Mauren haben sie sich den Arabern assimiliert und deren Lebensstil und Sprache übernommen.

Erst 1980 wurde die Sklaverei in Mauretanien offiziell abgeschafft. Doch auch heute gibt es in dem nordwestafrikanischen Land - nach Angaben verschiedener Menschenrechtsorganisationen - noch Schwarzafrikaner, die unter sklavereiähnlichen Bedingungen leben müssen.

Die seit einem Jahr zunehmenden „außergerichtlichen Hinrichtungen“ scheinen das Ergebnis einer vorsätzlichen Politik zu sein, die offiziell gedeckt wird, schlußfolgert amnesty international.

Die wehrlosen Opfer würden allein wegen ihrer ethnischen Abstammung getötet. Aus Furcht seien bereits ganze Dorfgemeinschaften nach Mali und Senegal geflüchtet.

Amnesty international fordert die Auflösung der Milizen sowie eine unabhängige Untersuchung der Verbrechen, um die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.