Schmerzensgeld von der RAI

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(Rally, italienische Serie, Mo., 25.6., ZDF, 20 Uhr) Erst Eureka, dann SOS vermißt - jetzt Rally, Serien -Beitrag der RAI für einen aufgeplusterten Medien-Popanz, der sich „Europäische Produktionsgemeinschaft“ nennt und sich anheischig macht, mit amerikanischen Unterhaltungsserien zu konkurrieren. Denn die US-Serien, so heißt es ja immer, „überschwemmen“ unsere Fernsehkultur, machen uns zu „Satelliten“, zum Absatzmarkt „fremder“ Unterhaltung. Also wird jetzt auf europäisch unterhalten. Aber wie stellt sich die Produktionsgemeinschaft europäische Unterhaltung vor? Ganz einfach: Jedes Land kommt dran und kratzt den ganzen Müll zusammen, den man von amerikanischer Serienunterhaltung kennt. Und diese hundsmiserable Nachmacherei ist dann das Europäische. So hat es jedenfalls die RAI verstanden und eine Serie in acht Teilen derart zusammengeschustert, -gekleistert und -gehauen, daß einem der billigste Schund aus Übersee noch wie ein Meisterwerk erscheinen will.

Es stimmt von Anfang bis Ende gar nichts: kein Szenenanschluß, kein Schnitt, kein Sinn und kein Verstand. Bei einer Rallyfahrt im strömenden Wolkenbruch gibt es einen Unfall, doch die Helfer eilen herbei im schönsten Sonnenschein, um zwei Männer zu retten, die gemütlich in einem sichtlich uralten Auto vom Schrottplatz lehnen. Kaum ist die Rettungsaktion geglückt - puff -, geht hinter dem Auto ein Stichflämmchen in die Luft. „Das ist ja noch mal gut gegangen“, erläutert Giuliano Gemma, den man als Hauptdarsteller nicht bezeichnen kann. Er ist von den steinernen Gästen nur der, den man am häufigsten zu sehen kriegt. Ein Rallyefahrer in der Krise: Sein bester Freund ist tot - als Beifahrer eingestiegen, ist er in der nächsten Szene als Toter hinterm Steuer sitzend zu sehen.

Eine Frau zum Küssen kommt auch drin vor und eine zweite für die Eifersucht; ferner ein heroinsüchtiger junger Kerl, den Gemma ganz nebenbei aus den Fängen der Drogies rettet. Viel Auto wird gefahren, im Swimmingpool gebadet. Rallye -Nachwuchs ist auch in Sicht, und gemein ist der Rennleiter des Rallye-Teams. Halt: Ivan Desny spielt auch mit, jener Schauspieler, der schon lange vor dem medialen Europagedanken der grenzüberschreitende Weltmann vom Dienst gewesen ist: Zwielichtig, reich und mit französischem Akzent, wird er seit Jahren in Krimis ständig von Interpol gesucht, ist immer „außer Landes“. Auch hier hält er sich nicht in Rom auf, sondern in - ja: Übersee. Als Sponsor, der vom italienischen Rallye-Team Leistung fordert. Und wer fordert Schmerzensgeld von der RAI?

Sybille Simon-Zülch