Makabre Gesellschaft

■ Oldenburg ehrt nach Nazi-Dichter jetzt Rabbiner

Am kommenden Donnerstag wird die Stadt Oldenburg zum sechsten Mal in der Geschichte der Stadt ihre höchste Ehrung verleihen. Auf einstimmigen Beschluß des Stadtrats soll Oldenburgs letzter Rabbiner während der Nazizeit, Professor Dr. Leo Trepp mit der Oldenburger Ehrenbürgerschaft geehrt werden.

Pikanter Aspekt der Auszeichnung: Der Jude Leo Trepp teilt die Würde z.B. mit dem ehemaligen Reichspräsidenten und Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, mit dem von Hindenburg zum Reichskanzler ernannten Adolf Hitler und dem Oldenburger NSDAP-Gauleiter Karl Röver.

Während die Stadt Hitler und Röver die Ehrenbürgerschaft 1948 offiziell wieder aberkannte, konnten sich Oldenburgs Stadtväter bei einer dritten lokalen Nazi-Größe zum gleichen Schritt nicht durchringen. Der Oldenburger Heimatschriftsteller August Hinrichs, 1944 von den Nazis zum Oldenburger Ehrenbürger ernannt, erfreut sich bis heute ungebrochener Beliebtheit. Seine Verdienste: Während der Oldenburger Rabbiner Leo Trepp nach der Reichskristallnacht 1938 im Konzentrationslager Sachsenhausen saß, leitete August Hinrichs im Auftrag der NSDAP, der er bis 1945 angehörte, die „Reichsschriftumskammer“ des Landes. Nebenher schrieb Hinrichs sogenannte „Volksstücke“. Das bekannteste, „De Stedinge“, gefiel NSDAP-Gauleiter Karl Röver immerhin so gut, daß er ihm in der Nähe von Delmenhorst einen eigenen Festspielort widmete.

Angesichts der ehrenwerten Gesellschaft, in die die Stadt Oldenburg ihren jüngsten Ehrenbürger versetzen will, hat der Oldenburger Schriftsteller Klaus Dede jetzt Oberbürgermeister Horst Milde aufgefordert, zuvor zumindest den namen August Hinrichs aus der Ehrenbürgergalerie zu streichen. Wörtlich schreibt Dede: „Mit August Hinrichs ehrt die Stadt den gewissenlosen Opportunismus eines bedeutungslosen Literaten. Was bedeutet Ihnen die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an einen Mann, der von den Parteigenossen eben dieses August Hinrichs ins KZ geworfen und zur Emigration gezwungen wurde?“

Im Oldenburger Rathaus sieht man die Angelegenheit allerdings nicht so eng. Hinrichs wird in der für Ehrenbürger zuständigen Abteilung als eher harmloser „Mitläufer“ eingestuft. Eine offizielle Aberkennung der Ehrenbürgerwürde sei „nie Thema“ gewesen, verriet Rathaus -Referent Frank-Michal Walter gestern auf Anfrage. Leo Trepp, der 1939 emigrieren konnte und heute in den USA lebt, sei inzwischen über seinen Ehren-Mitbürger informiert. Seine Reaktion laut Rathauspressestelle: „Herr Trepp war nicht glücklich, hat aber die Größe, das zu ertragen“.

K.S.