Gentech-Berufung vorm Scheitern

■ Nach drei Jahren steht die männerfreundliche Biologie-Hochschullehrerriege bald nur noch mit einem Bewerber da

Drei sitzungsreiche Jahre haben Bremer Biologie-Professoren damit zugebracht, auszuhandeln, wer wohl ihr neuester Männerkollege im umstrittenen Fachgebiet Gentechnik werden könnte. Jetzt droht die zähe, langwierige Prozedur kurz vor ihrem Abschluß ganz zu kippen. Und zwar nicht an den Protesten der Gentechnik-GegnerInnen, die als „zornige Petunien“ die ersten Sitzungen öffentlichkeitswirksam gesprengt hatten, sondern an einer Frau. Pikanterweise an der Wissenschaftlerin, der die Bremer Herren nur den zweiten Platz gegönnt hatten. Diese Bewerberin schickt sich jetzt an, ihrerseits die Bremer zu versetzen. Denn der Fachbereich Biologie an der Universität Frankfurt hat diese Bewerberin, Anne Starzinski-Powitz, trotz ihres Geschlechts auf

den ersten Platz gesetzt. Sodaß die Bremer, falls die offizielle Absage von Anne Starzinsky-Powitz noch vor der nächsten Sitzung des Akademischen Senats bei ihnen eintrifft, im laufenden Verfahren mit ihrem Spitzenmann Dietmar Blohm ganz allein dastehen werden. Und eine sogenannte „Einer-Liste“, da ist sich Kommissionsmitglied Professor Armin Hildebrand sicher, „die wird nicht durchgehen.“ Und dann kann das Gerangel um die Professur „Biotechnologie/Molekulare Genetik“ wieder von vorne losgehen.

Zur Vorgeschichte: Die ersten Sitzungen der Berufungskommission waren gesprengt worden von einer Gruppe, die sich „Zornige Petunien“ nannte. Aus Protest dagegen, daß die Kommission das Forschungsgebiet „Gentechnik“

verstärken sollte und daß sich unter den eingeladenen Bewerbern mit Professor Forkmann ein Beteiligter an Freilandversuchen (mit „Petunien“) befand. Diese Proteste versandeten jedoch, da nicht nur alle Professoren sondern auch die Mehrheit der Studierenden die Professur „Gentechnik“ wollten. Der Grund: Bisher gibt es am Studiengang zwar einige Hochschullehrer, die mit gentechnischen Methoden „wie aus dem Kochbuch“ arbeiten, aber niemanden, die oder der dies grundlegend beherrscht. Was die Sache verkompliziert: Die vier gentechnisch -orientierten Hochschullehrer, die an der Berufung das größte Interesse haben, gehören am Fachbereich zur kaltgestellten linken Minderheit, sodaß ihre Interessen an der Berufung torpediert wurden. Prof.

Hildebrandt, Vertreter der „linken“ Gentechniker in der Kommission: „Die Biologie hier ist eine klassische Biologie. Warum sollten die Kollegen ein Interesse haben, einen Schwerpunkt Biotechnologie aufzubauen, der nur die Gelder von ihren Bereichen abzieht?“ Das Berufungsverfahren schleppte sich über drei Jahre hin. Hochqualifzierte BewerberInnen sprangen ab.

Schließlich waren noch vier aus der engeren Wahl übrig geblieben, drei Männer und eine Frau, wobei es bei dem Kandidaten Dietmar Blohm, der auf Platz 1 landete, zunächst auch unter den Hochschullehrern umstritten gewesen sei, ob der überhaupt als „listenfähig“ gelten könne, berichtete Gudrun Preuß, die Frauenbeauftragte am Fachbereich Biologie/Chemie: „Blohm hat sehr schlechte Gutachten und kaum Veröffentlichungen. Aber es gibt diese Sperre, auch wenn eine Frau qualifizierter ist, wird ein Mann genommen.“ Dietmar Blohm sei ein bloßer „Kompromißkandidat“. Denn die fünf Professoren in der Berufungskommission hätten sich weder einigen können auf den „Gentech-Kritiker“ Hauser noch auf den „Freilandversucher“ Forkmann. Daß ein Mann auf Platz 1 landen würde, hatte dagegen nicht sehr überrascht, da Biologie-Professoren es bisher immer abgelehnt hatten, ihre Männerriege für Biologinnen zu öffnen. Erst sträubten sie sich gegen eine Virologin, die ihnen der Senator schließlich auf

zwang, dann verweigerten sie eine Professorin für „feministische Naturwissenschaft“ als „Kuckucksei“.

Gudrun Preuß: „Wenn man redlich sein wollte, müßte man die Frau auf die erste Stelle setzen oder die Professur neu ausschreiben.“ Diese Alternative „hat sich erledigt“, wie Professor Walther nach einem Ferngespräch am Dienstag zu berichten wußte. Professor Walther hatte sich vergeblich bei seinen Kollegenmännern für die „hochkarätige“ Bewerberin eingesetzt. Prof. Walther: „Sie hat bei mir in Mainz Diplom gemacht und gehört zu den Frauen, die gut sind und mit ihrem Fach kritisch umgehen.“ Prof. Hildebrandt dagegen hatte für den Kompromißbewerber Blohm gestimmt: „Im Gegensatz zu ihr ist er wirklich Biotechnologe und anwendungsorientiert.“

Ein Trost bleibt dem Studiengang Biologie: Da die Max -Planck-Gesellschaft, die 1992 ein Institut in Bremen ansiedeln will, in den Verhandlungen mit dem Bremer Senat erklärte, der Bereich „Biotechnologie / Molekulare Genetik“ an der Bremer Uni sei unterbelichtet und müsse weiter ausgebaut werden, wird es spätestens 1992 eine zweite Professur in diesem Forschunsgebiet geben. Dann steht der Studiengang allerdings vor dem Problem, daß er gleich zwei Bio-und Gentech-Professuren besetzen muß. Aber Biologie -Professoren scheinen genug Zeit für Sitzungen zu haben.

Barbara Debus