■  Donnerstag

„Mein Leben begann in einem Schrank“, so stellt Raymond Federman sein makabres Versteckspiel im besetzten Paris der vierziger Jahre dar. Nur ein angstvolles Ausharren in der Abstellkammer hatte den damals kleinen Jungen vor der Deportation durch die Nazis bewahrt. In seinem Hörspiel Die Stimme im Schrank verarbeitet der Autor diese traumatischen Erinnerungen, ohne jedoch bei einer Darstellung seines Einzelschicksals stehenzubleiben: Wie in allen Texten Federmans geht der Blick über den privaten Erlebnispool hinaus auf elementare Zusammenhänge. Doch schwere Themen verwendet der Autor nie als seelisches „Senkblei“, denn er weiß, daß die geneigte HörerInnenschaft ihre bitteren Pillen sehr effektiv schluckt, wenn sie mit schwarzem Humor verabreicht werden. Eine Kostprobe der Arbeiten dieses empfehlenswerten amerikanischen Autors sendet der SWF 2 um 20.30 Uhr. Als Einstimmung kommt vor dem Hörspiel ein Porträt mit dem Titel And What About Me.

Der ungeschriebenen Geschichte von Frauen in allen Epochen nachzuspüren, war das erste Ziel der Women's Studies, die sich im Gefolge der Women's Lib Mitte der zwanziger Jahre an US-amerikanischen Universitäten etablierten. Vergleichbare Bereiche haben sich inzwischen auch in Europa und der „Dritten Welt“ eingerichtet. Der Women's World Congress in New York will nun Bilanz ziehen und nachhaken, was der weibliche Blick den Wissenschaften gebracht hat. Susanne Seeland berichtet ab 23 Uhr im SFB 3. Freitag

Um 22.05 Uhr wartet der BR 2 mit einem Hörspiel von Philippe Soupault auf. Bis zum 12.März diesen Jahres - als der Schrifsteller 92jährig starb - galt er als der letzte noch lebende Surrealist. Doch eigentlich fiel er schon 1928 bei seinen Kampfgenossen in Ungnade, hatte er sich doch die Veröffentlichung einer gar spießigen Literaturgattung, des Romans, erlaubt. Der Verfasser des ersten surrealistischen Textes wurde vollends zum Überläufer, als er sich dem Rundfunk zuwandte. Doch ließ sich seine unorthodox -phantastische Handschrift nie verleugnen! Dieses Rendezvous ist ein 1957 entstandener Dialogtext und verbreitet die Atmosphäre von Kafkas Schloß und Sartres Geschlossener Gesellschaft und mischt alles aufs Phantastischste. Also nichts für Klaustrophische!

Wer will schon an der Notwendigkeit der Avantgarde rütteln? Michael Dorf sicher nicht, denn er leitet seit drei Jahren die Knitting Factory in Soho, New York. Hier hat die aus den inzwischen nobel und teuer gewordenen klassischen Treffpunkten vertriebene Musikszene eine neue Bleibe gefunden. Musiker wie John Zorn, Wayne Horwitz, Bill Frisell haben aus diesem etwas heruntergekommenen Performance-Club mittlerweile den wichtigsten Spielort für experimentelle Musik gemacht. Ab 23.05 Uhr berichtet Michael Dorf im NDR 3 über seine Schwierigkeiten, diesen wichtigen New-Music-Club zu führen. Samstag

Pünktlich zu den Skandälchen um Vater Grafs Privatleben schickt der WDR 2 einen satirischen Höreindruck von Tennisvätern über den Äther. Was die erleben, wenn ihnen nach dem Sieg der Tochter die Schweißperlen auf der Stirn stehen, verrät Autor Jost Nickel in seiner Version um 22.05 Uhr.

Sonntag

Der SFB 1 schießt heute nachmittag scharf gegen die Fußball -Fachsprache. Kein minderer als Multi-Media-Künstler Ferdinand Kriwet hat sich daran gemacht, in einer poetischen Montage dieser Gattung den Sport-Reportern einen Radioball vor die Nase zu setzen.

GeHa