■ D I E A N D E R E N

Corriere della Sera

Die Mailänder Zeitung zu „Europa nach Jalta“:

Die Zwölf haben sich entschlossen, Gorbatschow zu helfen. Aber der Gipfel in Irland bietet dem Kreml nicht nur eine Botschaft der Unterstützung an. Er öffnet auch den Weg für die Schaffung eines neuen post-kommunistischen Europas in den kommenden fünf Monaten. Für die Geburt dieses Europas nach Jalta sollen die Probleme gelöst und zu den Akten der Geschichte gelegt werden, die Gorbatschow beim Prozeß des inneren Wandels in der Sowjetunion einem zu starken Risiko aussetzt - die versprochene Finanzhilfe soll genau diesem Ziel dienen.

La Repubblica

Die römische Zeitung kommentiert die Lage in Moskau und den EG-Gipfel:

Boris Jelzin hat bestätigt, daß auch er die erschreckende Möglichkeit sieht, daß der 28.Kongreß der KPdSU auf den Herbst verschoben wird. Die Partei steht unter einem Schock über den Triumph der Konservativen im russischen Kongreß. Und die politische Situation in Moskau ist nun bedroht von einem wirklichen Chaos. Zur gleichen Zeit verabschiedet die EG einen Marshallplan für die Sowjetunion. Die Regierungschefs der EG stimmten den Vorschlägen von Kohl zu. Europa wird der Perestroika von Gorbatschow helfen.

Independent

Das Londoner Blatt zur EG-Diskussion über Wirtschaftshilfe für die UdSSR:

Es lohnt sich, daran zu denken, daß westliche Liberale vor zehn oder 20 Jahren noch glaubten, je wohlhabender die Sowjetunion und je größer ihre Mittelschicht werde, desto wahrscheinlicher sei eine Angleichung ihrer politischen Vorstellungen an die der westlichen Welt. Die Ereignisse haben jedoch bewiesen, daß diese Annahme völlig falsch ist. Wie die Briten stichhaltig argumentierten, würden große Kredite an die Sowjetunion wirtschaftliche und politische Reformen - wie etwa die volle Privatisierung der Landwirtschaft und die Einführung eines konvertiblen, realistisch bewerteten Rubels - eher verzögern als voranbringen. Wirtschaftshilfe würde, wenn sie nicht ganz gezielt gewährt würde, außerdem im schwarzen Loch der sowjetischen Wirtschaft verschwinden: Etwa, indem sie für die Subventionierung von Nahrungsmitteln zu Preisen unter den Produktionskosten eingesetzt würde. Es spricht jedoch auch etwas für das Gegenargument der Franzosen und der Deutschen: Daß Gorbatschow ohne ein umfassendes Wirtschaftshilfepaket durch den Ärger der Bevölkerung über Nahrungsmittel- und Konsumgüterknappheit aus dem Amt gedrängt werden könnte.

Financial Times

Das Londoner Wirtschafts-Blatt zum selben Thema:

Trotz des starken Drucks von Bundeskanzler Helmut Kohl und dem französischen Präsidenten Fran?ois Mitterrand für ein sofortiges EG-Wirtschaftshilfepaket für die Sowjetunion, um ihr aus den wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu helfen, siegte an diesem Tag die Vernunft. Es ist in der Tat wahrscheinlich, daß die Perestroika ohne Reformen nur weiter verzögert würde, wenn die Wirtschaft durch große Finanzspritzen aus dem Ausland unterstützt würde.