„Guck mal, Schönhuber“

■ III-nach-Neun-Team räumt Fehler ein / Demonstranten verlangen Entschuldigung

Zwei ziemlich kleinlaute Radio-Bremen-Redakteure saßen gestern in den Räumen des Uni-AStA und gestanden sechs Tage nach dem Auftritt des Ex-Oberrepublikaners Franz Schönhuber bei III-nach-Neun das völlige Scheitern der jüngsten Lieferung ihrer Talk-show ein. Sechs Tage nach der Sendung wurde - z.T. in gereiztem Ton, z.T. wechselseitiger Verständnislosigkeit Unverständnis, insgesamt in sachlicher Bemühtheit - der Dialog nachgeholt, der am letzten Freitag vor dem Swutsch-Studio zugunsten eines Steinhagels auf das Schönhuber-Auto und eines massiven Polizeieinsatzes ausgefallen war. Gegenüber den Demonstranten, die am Freitag vor dem Glasstudio gegen die Sendung protestiert hatten, räumte III-nach-Neun-Macher Wolf Neubauer gestern ein: „Wir sind zwar zu einer kritischen Aufarbeitung noch gar nicht gekommen. Aber eine Konsequenz könnte sein, daß diese Sendung mit dieser Redaktion und diesen Moderatoren nicht in der Lage ist, bestimmte Gäste zu verkraften. Vielleicht müssen wir Leute wie Herrn Schönhuber anderen Talkshows, z.B. Club 2 oder Freitag nacht überlassen.“ Und: „Die Sendung, die gelaufen ist, war nicht die Sendung, die wir im Kopf hatten.“ Allerdings treffe die Demonstranten am Scheitern des Konzepts erhebliche Mischuld. Erst durch die massiven Störungen seien die Moderatorinnen und die übrigen Gäste so aus der Fassung geraten, daß „Schönhuber ein ziemlich gute Figur machen konnte“. Was denn das „ursprüngliches Konzept“ gewesen sei, das „eine solche Riesensauerei wie den Auftritt eines Faschisten wie Schönhuber“ rechtfertigen könnte, wollten die Demonstranten wenigstens im

nachhinein erfahren. Antwort von Talkshow-Redakteur Rolf Tiesler: III-nach-Neun sei nun mal keine „themenzentrierte“ Sendung, sondern eine „Personality-Unterhaltungssendung mit informativen Anteilen“. „Wir wollen Glamour, Zeitgeschehen, skurrile Typen. Die Zuschauer sollen hinterher sagen: 'Guck‘ mal, sowas gibt es auch‘.“ Und in so einem bunten Kaleidoskop müsse eben auch ein Franz Schönhuber Platz finden. Zumal wenn er (darauf hatte Programmdirektor Rüdiger Hoffmann bestanden) einen „potenten Gegner“ kriegt wie Gerhard Zwerenz.

„Ziemlich schwammig“ fand einer der Diskussionsteilnehmer so ein Konzept. Auch das grüne Rundfunkratsmitglied, Jochen Rieß, stellte mit einigem Erschrecken fest: „Bislang war ich

davon ausgegangen, daß es ein Konzept für die Sendung gab. Nach dem, was ich jetzt von euch erfahren habe, muß ich feststellen, daß es eigentlich gar kein Konzept gab. Eine Mixtur aus ein bißchen Glamour, ein bißchen Skurrilem, ein bißchen Politik ist doch ein bißchen wenig.“ Und der VVN -Aktivist Willy Hundertmark stellte fest: „Mir kommt die Kotze hoch, wenn ich daran denke, wieviele Nazis in diesem Lande noch frei herumlaufen und einer von diesen Leuten sich dann bei euch so präsentieren kann.“

Einen zaghaften Versuch, „Schönhuber nicht mit Faschismus in einen Topf zu werfen“, wagte Redakteur Rolf Tiesler: „Schönhuber ist zunächst mal ein Teil dieser Gesellschaft, leider. Es nützt nichts, wenn man ihn mystifiziert, und es nützt auch

nichts, wenn man ihn verleugnet.“

Als „Teil dieser Gesellschaft“ und „Antifaschisten“ wollen in der nächsten III-nach-9 Sendung jetzt auch die Anti -Schönhuber-Demonstranten ernst genommen werden. „Ihr habt von uns in der Sendung ein Bild von „Chaoten“ und „Randalierern“ gezeichnet. Dabei ist es echt nicht mein Ding, mich mit Bullen zu prügeln und schon gar nicht mit den Hunden der Bullen“. In der nächsten Sendung erwarten die Demonstranten zumindest eine offizielle Entschuldigung der Redaktion. Besser noch eine Diskussion über ihre Aktion und ihre Motive. Zusage von Wolf Neubauer: „Wenn wir nochmal auf die Geschichte eingehen sollten, dann garantiert nicht ohne euch.“

K.S.