Stasi-„Operativgruppe“ vor verschlossener Tür

■ Will Diestel eine zu engagierte Gruppe von Stasi-Auflösern loswerden? Vorwurf: Sie haben die Adressen an die taz gegeben

Als Stephan Konopatzky, Mitarbeiter der „Operativen Gruppe“ beim Staatlichen Komitee zur Auflösung der früheren Staatssicherheit gestern früh an seinen Arbeitsplatz in der Gotlindestraße gehen wollte, war die Tür versiegelt. Jürgen Schmutzler, stellvertretender Leiter des Staatlichen Komitees, erklärte den verdutzten Stasi-Auflösern, im Diestel-Ministerium habe man den Verdacht, daß sie die Adressenliste der Stasi-Objekte an die taz gegeben habe. In der Tat ist die Liste eine Arbeitsgrundlage der Operativgruppe, die allen unklaren Fällen und Hinweisen aus der Bevölkerung vor Ort nachgeht. Die Operativgruppe kennt die Probleme der Adressenliste, sie ist alles andere als glücklich über die Veröffentlichung: „Die Liste kommt nicht von uns“, sagt Frank Drozdowski, Computer-Spezialist der Operativgruppe. „Für uns war klar, daß wir niemals diese Listen ausdrucken würden, um so einen Schwachsinn auszulösen“, ergänzt Thomas Reimer. Die Operativgruppe hat jedem Bürger, der in die Godlindestraße gekommen ist und einen speziellen Verdacht hatte, Auskunft gegeben. Daß nun alle möglichen Leute mit den Adressen-Listen in der Tasche herumlaufen, hilft ihres Erachtens zur Aufklärung der Stasi -Strukturen wenig und stört höchstens ihre Arbeit, weil eventuell „Leute gewarnt“ sein könnten.

Der Versuch, die Arbeit der Operativgruppe unter dem Listen -Vorwand abzuwürgen, hat für die Mitarbeiter der Operativgruppe andere Hintergründe. Denn diese Gruppe ist ein Stück der alten Opposition des November 1989 in der Auflösungsbehörde. Die engagierte Operativgruppe hat Finanz -Verschiebungen aufgedeckt, ein Mitglied der Gruppe hatte im 'Neuen Deutschland‘ schon vor Wochen auf die „Offiziere im besonderen Einsatz“ (OibE) aufmerksam gemacht, zu denen auch der Leiter des Ministerbüros von Modrow, Dr. Möbis, zählte. „Durch solche Geschichten haben wir uns unbeliebt gemacht“, denn der Innenminister Diestel will Ruhe um die Auflösung des Stasi-Apparates haben.

K.W