Der Kanalarbeiter

 ■ TELE-TIPS AUS DER PROVINZ

Ich maße mir nicht an, dafür verantwortlich zu sein, aber seit letzter Woche läuft tatsächlich ein neuer Pernod -Werbespot im Radio (allerdings immer noch mit dieser gräßlich pompösen 70er-Jahre-Bombast-Musik - hoffentlich stellen sie das auch noch ab). Bleiben wir mal gleich bei der Musik. Seit einigen Monaten schon streift ein Gespenst durch Hamburg, und gestern trat es endlich ins Scheinwerferlicht: Das Phantom der Oper. Ohne direkten Bezug dazu - weil eine Wiederholung aus dem Jahre 1988 - ist der Film über den Musikalienhändler Friedrich Kurz, der bereits Cats und Starlight Express auf deutsche Bühnen hievte. Unter dem Titel Mr. Musical selbstdarstellert er um 13.30 Uhr im Programm der ARD. Wie es der Zufall will, sendet 3sat um 22.05 Uhr unter dem Titel Andrew Lloyd Webber: König des Musicals passenderweise ein Porträt des Komponisten der von Kurz vermarkteten Werke - das nenne ich verständig koordinierte Runduminformation. Wer nun aber statt Schnulz & Bühne lieber andere Stilrichtungen hören möchte, findet auf NL 2 mit Story Of Roy Orbison um 20.55 Uhr und Bird Now um 0.15 Uhr das interessantere Musikprogramm, welches aber nur KabelempfängerInnen in den westlichen Landesteilen zu sehen bekommen.

Lee Hazlewood gehört mindestens für These Boots Are Made For Walking seliggesprochen. 1970 versuchte sich der Musiker, Komponist und Arrangeur erstmals als Schauspieler, und wer vom Gelingen resp. Scheitern dieses Unterfangens künftig Zeugnis ablegen möchte, sollte sich um 22.35 Uhr der ARD und ihrem Spielfilm Whisky brutal zuwenden.

Der Sonntag kommt, und mit ihm um 17.10 Uhr nicht nur ELF 99 auf DFF 1, sondern - eingebunden in das Magazin - auch der Musikfilmhit dieses Wochenendes: Sign O‘ The Times mit Sheila E.! Ach ja, und Prince. Derweil wuchtet das ZDF einen echten Glotzbrocken ins Programm: Das Historienspektakel Ben Hur sollte man aber nicht um 14.45 Uhr in Briefmarkenproportionen, sondern nur und immer und ausschließlich auf der größtmöglichen Leinwand gucken. „Nur so geht's“, pflegte mein Ausbilder zu sagen, und in diesem Fall hätte er sogar recht gehabt. Alternativ böte beispielsweise SAT.1 um 17.15 Uhr die galgenhumorige (sic!) Krimikomödie Selbstjusitz, in der einige adlige Exzentriker bescholtene Mitbürger titelgemäß aus dem Dies- ins Jenseits befördern. Leslie Halliwell, dem ja bekanntlich nichts entging, schrieb in sein Standardwerk, daß sich die Macher von der Kultserie The Avengers inspirieren ließen; das klingt vielversprechend. Neben dem stets zwielichtigen Donald Peasence spielt eine aufgrund makelloser Jugendlichkeit noch kaum zu identifizierende Barbara Hershey mit; auch nicht schlecht.

Abends dann läßt Werner Herzog seinen strubbeligen Kinski den wilden Mann markieren und durch die Wüste wüten. Anno '87 hatte es beide nach Afrika verschlagen, wo mit Cobra Verde ein ziemlich danebengegangener Film entstanden ist. Um 21.45 Uhr gibt es die Chatwin-Verfilmung im ZDF.

Damit verabschiedet sich der Kanalarbeiter von dieser Seite, um künftig wieder ernsthaft zu berichten, dankt aber für das bisher entgegengebrachte Vertrauen.

Harald Keller