Kleiner Sprecherling ganz groß

■ Wie Daimler-Benz und die Bundesregierung sich ineinander verhaken / Ein winziges Fallbeispiel

Irgendwie fällt's schwer, sich zu entscheiden: Sollen wir empört sein? Sollen wir's unter offen und ehrlich verbuchen? Oder muß es uns kalt lassen, weil man von diesem unserem System nichts anderes erwarten darf?

Hans-Christian Maaß, bis vor wenigen Monaten noch Sprecher des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), verkauft demnächst die Politik von Daimler-Benz Interservice in Berlin: Ab 1. Juli ist er dort Leiter der Abteilung Presse und Information. Hat Maaß bisher dem „Beistand für die Dritte Welt“, der „Hilfe zur Selbsthilfe“, der „partnerschaftlichen Zusammenarbeit“ und den „entwicklungsfördernden Maßnahmen“ das öffentliche Wort geredet, so wirbt er nun für einen Konzern, der als Symbol des Gegenteils all dieser Hehrigkeiten gilt. Einen Konzern, der weltweit die Polizei diktatorischer Regimes technisch ausrüstet, damit diese politische Opposition oder gewerkschaftliche Bewegungen brutal zerschlagen kann. Einen Konzern, der, nun am Rüstungsriesen MBB beteiligt, für den Waffenexport in „Entwicklungsländer“ mitverantwortlich ist. Einen Konzern, dessen Werke in Brasilien etwa die ArbeiterInnen dort so ausbeuten, die Märkte so kaputtmachen, wie es seinesgleichen in der „Dritten Welt“ eben tun.

Ausschließlich moralisch geurteilt - dies mag man hier einwenden. Der berufliche Wechsel von Hans-Christian Maaß birgt aber auch gewichtigere Dimensionen. Daimler-Benz gewinnt nämlich nicht nur einen geübten Propagandisten. Der Multi holt sich mit Maaß außerdem noch bessere Kontakte zum und Kenntnisse über das für den Konzern so wichtige BMZ. Und die zahlreichen internationalen Beziehungen des Sprecherlings zu Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen, Kirchen und politischen Gruppen werden Daimler-Benz nicht minder zu Einblick und Einfluß verhelfen.

So weit, so alltäglich. Aber eben so alltäglich wie vieles in dieser Bonner Republik, was trotzdem nicht kalt lassen darf, was dennoch empören muß.

Ferdos Forudastan