Künstlerkolonie kämpft schwarz gegen Abriß

■ Hoffest und Kulturaktionen am „letzten Tag“ / Künstler hoffen auf eine politische Lösung

Schwarz gähnte es aus der schnuckeligen Häuserfront am Samstag den NachbarInnen und Viertel-SpaziergängerInnen entgegen. Unbedarft sich nähernden Menschen fuhr der Schreck in die Glieder: Hat da etwa schon wieder die Abrißbirne an einem Frei

tagnachmittag...? Nein, sie hat noch nicht. Noch hatten die BewohnerInnen der Feldstraße 13, 15 und 17 und den dahinterliegenden Anwesen die Chance, ihre in den vergangenen fünf Jahren gewachsene Künstlerkolonie vorzustellen: Der Maler, der Bildhau

er, die Tänzerin, die Pianistin, der Komponist, die Töpferin, die Schauspielerin der Möbelbauer - sie luden zum „Hoffest gegen den Abriß.“

An ihrem offiziell letzten Tag in den Häusern machten sie mit den christo-mäßig schwarz umhüllten Fassaden deutlich, daß in wenigen Wochen ein Kernstück des gewohnten Straßenbildes einem gähnend schwarzen Loch gewichen sein könnte. „Wir wollten den Leuten zeigen, daß es hier etwas zu schützen gibt und auch ihren Blick erfrischen. Denn wenn etwas aus dem gewohnten Blickfeld verschwindet, sieht man es am nächsten Tag mit neuen Augen an“, erklärt der Maler Bernd Müller-Pflug.

Am 1. April hatte der bisherige Besitzer das Areal des einstigen Bauernhofes mit seinen derzeit 20 Wohneinheiten der Hanseatischen Kapitalanlagen Vermittlungsgesellschaft mbH (HKV) für 1,3 Millionen Mark verkauft, den BewohnerInnen zum 1. Juli gekündigt (vgl. taz v. 5.4.90). Die Architektin Barbara Cunis hat bereits Pläne für einen Betonquader mit winzigen Glaserkerchen anstelle der drei Vorderhäuser vorgelegt: Für 16 Appartements mit zweigeschossiger Tiefgarage, deren Einfahrt über eine Betonschnecken-Rampe vom jetzigen Garten her vorgesehen ist. Wohnraumbilanz: Zwei kleine Wohnungen mehr als jetzt. Die vor anderthalb Jahren in lichtdurchflutete Ateliers umgebaute Halle im Hinterhof soll „luxussaniert“ werden. Rückkaufpreis dann: 3.000 DM für jeden der 350 Quadratmeter, die ihre jetzigen Mieter für 40.000 Mark erst bewohn

bar gemacht hatten.

„Die Umwandlung von Wohnraum in Eigentumswohnungen ist kein Kündigungsgrund, deshalb wollen wir gegen die Kündigungen klagen,“ erklärt Müller-Pflug die eine Seite der Gegenstrategie. Außerdem seien sie als Käufergemeinschaft weiter verhandlungsbereit. „An luxussanierten Kleinstwohnungen ohne Wohnqualität haben wir jedoch

kein Interesse“, sagen sie übereinstimmend.

Politisch haben Baudeputation und Ortsamt sich für eine Erhaltungssatzung in dem Gebiet ausgesprochen. Eine Petition mit 1.200 Unterschriften haben die BewohnerInnen an die Bürgerschaft gerichtet, um den Abrißantrag solange auszusetzen, bis dort über die Erhaltungssatzung entschieden ist.

ra