Glatter Durchmarsch für Doppel-Momper

■ Auf SPD-Parteitag wurde der Regierende als Landesvorsitzender bestätigt / Genossen stehen in Sachen HMI und Daimler-Benz hinter Senatsspitze

West-Berlin. Die SPD-Genossen aus dem Ostteil der Stadt wurden wieder einmal übergangen: Bei der offiziellen Begrüßung auf dem SPD-Parteitag am vergangenen Samstag wurden zwar der Ehrenvorsitzende Willy Brandt, der Stadtrat von Managua, Carlos Carrion, der Bundesvorsitzende Hans -Jochen Vogel und Wolfgang Thierse, Vorsitzender der DDR -SPD, erwähnt - nicht jedoch die Vertreter aus Ost-Berlin, mit denen man angeblich tagtäglich zusammenarbeitet. Um noch eins draufzusatteln, wurde die Stadtverordnetenvorsteherin Christine Bergmann - nicht zum ersten Mal - mit der Volkskammerpräsidentin Sabine Bergmann-Pohl verwechselt, und über die Funktion von Knut Herbst, Vorsitzender der SPD -Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, war man außerdem auch nicht so genau informiert.

Eröffnet wurde der Parteitag nach dem Begrüßungszeremoniell mit einer wichtigen Änderung der Tagesordnung: Turnusmäßig standen Vorstandswahlen auf der Tagesordnung, die jedoch auf Antrag des Landesvorstandes auf den geplanten Vereinigungsparteitag im September verschoben werden sollten. Für die Verschiebung der Wahlen war eine Dreiviertelmehrheit nötig, die nach einer kurzen Debatte auch zustande kam. Von mehreren linken Delegierten wurde zwar die Trennung von Amt und Mandat gefordert, 209 der 232 Anwesenden stimmten aber dennoch zu. Obwohl der Beifall für Momper weit spärlicher ausfiel als bei anderen Parteitagen, ist damit seine Wahl zum Gesamtberliner SPD-Vorsitzenden so gut wie gesichert.

Nachdem in den frühen Nachmittagsstunden der „offizielle Teil“ mit Reden von Willy Brandt, Thierse, Ibrahim Böhme und Walter Momper beendet war, stand das Lieblingsthema „rot -grüne Koalition“ auf der Tagesordnung. Die Mehrheit der Genossen nahm einen spontanen Antrag an, der sich für den Fortbestand des rot-grünen Bündnisses auch über den Wahltag hinaus aussprach; in allen wichtigen Fragen müsse aber Übereinstimmung mit dem Koalitionspartner herrschen. Fraktionschef Dietmar Staffelt forderte mehrfach, daß man nicht in Einzelfragen unterschiedlicher Meinung mit der AL sein könne, sondern weiterhin harte Verhandlungen führen müsse. Zur Abstimmung kam schließlich ein Antrag, in dem die ursprüngliche Version gestrichen war; jene hatte vorgesehen, daß Differenzen in Einzelfragen nicht zum Bruch der Koalition führen dürften.

Ein glatter Durchmarsch gelang der Senatsspitze in Sachen Hahn-Meitner-Institut und Potsdamer Platz: Beim HMI fand noch nicht einmal ein Antrag die Mehrheit, dem der Genosse Walter schon eine wachsweiche Formulierung zugefügt hatte. Eine knappe Mehrheit von 109 zu 99 Stimmen lehnte den kompletten Antrag ab, entschieden wird jetzt nach „Recht und Gesetz“. Ähnlich verlief die Debatte bei Daimler-Benz: Nach einer kontroversen Debatte wurde ein Antrag abgeschmettert, der das Gebiet am Potsdamer Platz nur auf Basis von Erbbaurecht abgeben wollte. Die Genossen übten sich in Parteidisziplin.

In seiner Rede hatte der Landesvorsitzende mehrfach betont, daß er keine Große Koalition mit dem CDU-Vorsitzenden Diepgen eingehen werde. Mit einem CDU-Vorsitzenden, der bettelnde Rumänen als unerträglich und polnische Touristen als Kriminelle bezeichnet habe und damit Haß gegen Minderheiten schüre, werde er sich nicht an einen Kabinettstisch setzen, so Momper. Und wieder lobte der Regierende Bürgermeister die rot-grüne Koalition: „Wir haben allen Grund, selbstbewußt und sogar stolz in die Wahlauseinandersetzung zu gehen.“

Kordula Doerfler