Verraten Sie niemals Ihren Geburtstag

Der Fremde fragte den Obdachlosen im Central Park nach seinem Tierkreiszeichen. Der Mann gab bereitwillig Auskunft. Ein paar Tage später wird er auf einer Bank in der berühmten New Yorker Grünanlage angeschossen. Drei Wochen vorher wurde der 78jährige Joseph Porce, der sich nur noch mit Hilfe eines Stocks fortbewegen konnte, schwer zusammengeschossen. Kurze Zeit später starb er. In der Nähe des Tatorts fand sich eine unheimliche Notiz: „Tierkreis - Zeit zum Sterben.“

Auch die Polizei bekam Post vom Schützen: „Das dritte Zeichen ist tot! Am 31. Mai 1990, 2:04 Uhr morgens, weißer alter Mann mit Krückstock, erschossen vor dem Haus.“ Weiter

kündigte der Zodiac-Killer an, für jedes der zwölf Tierkreiszeichen einen Menschen niederzuschießen. Viermal hat er bis jetzt zugeschlagen. Drei Menschen überlebten schwer verletzt. Die Anschläge wurden dreimal im Abstand von 21 Tage, den Intervallen zwischen den Tierkreiszeichen, verübt, jeweils an einem Donnerstag. Zwischen dem zweiten und dritten Attentat liegen 63 Tage, drei Wechselintervalle. Der letzte Anschlag geschah am Wechsel von Zwilling zu Krebs. Die Polizei rechnet deshalb im Juli mit einem weiteren Anschlag des Esoterik-Freaks. Sie hat die Bevölkerung davor gewarnt, Fremden ihren Geburtstag preiszugeben.

Die Geschichte ist nicht etwa das Skript für einen neuen Thriller, sondern New Yorker Realität. Einige von euch denken jetzt wahrschein

lich, daß die Amis nur wieder einmal die Rechnung präsentiert kriegen für ihre immer brutaler werdenden Fernsehserien und den Rocky- und Rambo-Schlachtfesten. Der ganze Hollywood-Müll senkt die Hemmschwelle und stachelt die Phantasie potentieller

Psycho-Killer an. Die einfache Erklärung erscheint auf den ersten Blick durchaus logisch. Der Tierkreiszeichen-Mörder paßt jedoch nicht in diese Schublade. Denn es gab schon einmal einen Zodiac-Killer. In den 60er Jahren trieb er in Kalifornien sein Unwesen und versetzte ganz San Francisco in Angst und Schrecken. Das Autorenehepaar Fink kreierte nach ihm einen Bösewicht namens „Scorpio“. Aus dem Buch machte Don Siegel dann später seinen Dirty Harry. Im Film befördert Clint Eastwood mit Hilfe seiner 44er Magnum den monströsen Punk zu seinen geliebten Sternen. Der echte Massenmörder, der in mehreren Briefen mehr als 40 Morde gestand, ist nie gefaßt worden. Mal sehen, ob die New Yorker Cops mit ihrem Killer fertig werden. Verfilmt wird die Sache auf jeden Fall.

Karl Wegmann