Mompers Durchbruch auf der ganzen Linie

Aus Berlin Kordula Doerfler

Es war ein Durchbruch auf der ganzen Linie: Der Regierende Bürgermeister von West-Berlin, Walter Momper, bleibt Landesvorsitzender bis zum Vereinigungsparteitag der Berliner SPD im September und hat in allen kritischen Fragen gegenüber dem Koalitionspartner AL freie Hand. Auf ihrem turnusmäßigen Landesparteitag am Samstag folgten die Delegierten mit großer Mehrheit einem Antrag des Landesvorstandes, der die auf der Tagesordnung stehenden Vorstandswahlen auf September verschieben wollte. Dann muß ohnehin ein neuer Gesamtberliner Vorstand gewählt werden. Zwar wurde von einzelnen Delegierten scharfe Kritik an Momper und dessen Doppelamt als Regierungs- und Parteichef geübt, in der Abstimmung übten aber alle GenossInnen die gewohnte Parteidisziplin. Damit ist es so gut wie sicher, daß Momper auch der Vorsitzende der Gesamtberliner SPD wird. Ein weiterer Durchbruch gelang der Senatsspitze in allen wichtigen Anträgen, die sich mit den Streitfragen der rot -grünen Koalition befaßten. Obwohl sich in der Berliner SPD im Vorfeld des Parteitages Widerspruch gegen die Senatspolitik geregt hatte, folgten die Genossen auch hier brav ihrem Chef. Zwar wurde ein Antrag angenommen, daß die rot-grüne Koalition über den Gesamtberliner Wahltag hinaus fortgesetzt werden solle. Es müsse möglich sein, daß die Koalition in Einzelfragen ihre Meinungsverschiedenheiten beilege.

In der Praxis werden sich die Meinungsverschiedenheiten aber erst einmal weiter zuspitzen: Die SPD gab Momper sowohl freie Hand bei der Inbetriebnahme des Forschungsreaktors am Hahn-Meitner-Institut als auch bei der Abwicklung des Kaufvertrages mit dem Daimler-Benz-Konzern, der sich am Potsdamer Platz ansiedeln will. Der Handlunsgsspielraum der zuständigen Umweltsenatorin Schreyer (AL) ist damit weiter eingeengt. Es ist nicht auszuschließen, daß sie nach der Senatssitzung morgen ihren Rücktritt einreicht, wenn dem Kaufvertrag mit dem Stuttgarter Konzern zugestimmt werden sollte.