Die DSU vor dem Zerfall ins Nichts

■ Die Parteiaustritte von Ebeling, Diestel&Co. beschleunigen den Niedergang von Waigels Zögling Steht die CSU bald ohne Partner in der DDR da? / Kabinettsmitglieder bleiben in der Regierung

Aus Berlin Beate Seel

CSU-Chef Theo Waigel dürfte wenig Freude an seinem neuen Pöstchen haben. Kaum wurde er am vergangenen Wochenende zum Ehrenvorsitzenden der Schwesterpartei DSU gewählt, da droht dem desolaten Verein auch schon die politische Bedeutungslosigkeit, wenn nicht gar der Zerfall. Jenseits der Vorwürfe der Aussteigerkarrieristen, die DSU sei rechtslastig geworden - einige Volkskammerabgeordnete hatten der deutsch-deutschen Erklärung zur polnischen Westgrenze ihre Zustimmung verweigert - wird Waigel damit endgültig die Quittung für die unter seiner Regie zustande gekommenen Gründung der Partei serviert.

Es war der CSU-Chef gewesen, der sich Anfang des Jahres bemühte, rund ein Dutzend rechtskonservative Splittergrüppchen mit ihren jeweiligen „Fürsten“ an der Spitze zu einer DDR-Konkurrenz für die CDU zusammenzuschweißen. Im Februar war die „Deutsche Soziale Union“ zwar unter Dach und Fach, aber eine richtige Partei wurde sie nie. Daß die Geburtswehen der DSU bis heute nachwirken, zeigt sich schon daran, daß der abtrünnige ehemalige Parteichef und Entwicklungshilfe-Minister Hans -Wilhelm Ebeling seine Parteifreunde aus der früheren „Christlich-Sozialen Partei Deutschlands“ gestern aufforderte, die DSU ebenfalls zu verlassen und sich „demokratischen Parteien“ anzuschließen.

Von Ebeling heißt es schon länger, er spiele mit dem Gedanken, der CDU beizutreten. Gleiches hört man nun von Innenminister Peter-Michael Diestel. Nach dem schlechten Abschneiden der DSU bei den Kommunalwahlen (nur noch 3,3% aller Stimmen landesweit) mußte es den führenden Neu -Politikern langsam dämmern, daß ihre Karriere bei gesamtdeutschen Wahlen an der Fünf-Prozent-Hürde wohl einen deutlichen Knick nach unten machen würde.

Bezeichnenderweise denken beide Politiker auch nicht daran, ihre Ministerposten, die sie mit dem DSU-Ticket errungen hatten, nun zur Verfügung zu stellen. Umgekehr ist nicht mit einer Regierungsumbildung zu rechnen. Auf den Regierungsbänken herrscht offenbar wenig Lust, sich mit den internen Querelen einer Sechs-Prozent-Partei über Gebühr zu befassen. Auch in Bonn dürfte die Variante Regierungsumbildung ein halbes Jahr vor den Wahlen nicht auf viel Gegenliebe stoßen, vor allem nicht in den Führunsgetagen der CDU, die nun auf neue Mitglieder und Wähler hoffen kann. Anders die CSU. Das Desaster der DSU ist zugleich auch ihr Desaster. Ob die bayerische Partei bei den Wahlen im Dezember überhaupt noch einen ernstzunehmenden Partner in der DDR hat, ist zweifelhaft. Für Generalsekretär Erwin Huber stellt sich die Frage nach Aufkündigung der Unterstützung der DSU „derzeit“ allerdings nicht vielleicht auch mangels Alternative.