Der Bambusbär als Sandwich-Mann

Der große griechischer Tragiker Euripides (480 bis 407v.Chr.) hatte, was den Sport angeht, schon vor geraumer Zeit den Durchblick: „Es gibt doch Tausende von Schlechtigkeiten in Griechenland, jedoch nichts Schlimmeres als das Geschlecht der Athleten.“ Gemeint hat der kluge Mann, daß ein paar Denkübungen weitaus sinnvoller sind als Muskelbildung. Wenn man sich die Kommentare anhört, die heutzutage einige unserer Fußballer zum besten geben, so ist der antike Spruch durchaus noch aktuell. Ersetzt man allerdings das Wort „Athleten“ durch „Sportmanager“ oder gar „Veranstalter“, bekommt der gescheite Satz eine völlig neue Dimension.

Italien ist schon schlimm genug, aber es kommt noch dicker. Am 27. September beginnen in Peking die Asien-Spiele. Die japanische Fernsehanstalt NHK hat sich schon für 900.000 Dollar die Übertragungsrechte gekrallt. Adidas hat einen Exklusiv-Vertrag für die Ausrüstung mit Sportbekleidung über eine Million Dollar abgeschlossen. Da die Spiele aber ungefähr 600 Millionen Yuan, das entspricht 126 Millionen Dollar, kosten werden, machte sich die nationale chinesischen Sportkommission auf die Suche nach finanzkräftigen Werbekunden. Dabei kamen sie auf eine bizarre Idee.

Das Maskottchen der asiatischen Spiele (ohne diese Dinger kommt kein Sportspektakel mehr aus) ist ein Pandabär, der Pan-Pan. Der Panda oder Bambusbär ist eines der seltensten Tiere überhaupt. Selbst in seiner

chinesischen Heimat ist er schwer anzutreffen. Er ist äußerst scheu und mag keine Menschen. Bei Tage bewegt er sich meist auf dem Boden, in Gängen, die er sich durch das Bambusdickicht bahnt. Er bevorzugt Höhenlagen von 3.500 bis 4.500 Me

tern. Bis vor kurzem liebten die Chinesen ihre Pandabären. Wilderer, die Jagd auf den dicken Brummer machten, wurden gnadenlos hingerichtet. Soldaten, die Jagd auf Studenten machten, dagegen als Helden gefeiert. Wieviel Wilderer übriggeblieben sind, weiß man nicht genau, von den großen Bambusbären gibt es nur noch 800 bis 1.000 Tiere - und die sollen jetzt als Reklame-Sklaven vermarktet werden.

Ausländische Werbekunden staunten nicht schlecht, als ihnen die Bären, die auf der Liste der vom Aussterben bedrohten Arten stehen, für 80.000 Dollar am Tag als Werbefläche angeboten wurden. Während des Eröffnungsspektakels der Asien -Spiele sollen die seltenen Tiere als „Sandwich-Männer“ um das Stadion paradieren. Arme Pandas, armes China!

Karl Wegmann