Brüchiger DDR-Schriftstellerverband

■ Noch in diesem Jahr erwartet der Präsident den Zusammenbruch

Berlin (dpa/taz) - Der DDR-Schriftstellerverband steht nach den Worten seines Präsidenten Rainer Kirsch noch in diesem Jahr vor dem Zusammenbruch, wenn die jetzt angekündigten Streichungen der Subventionen für die Künstlerverbände in der DDR wahrgemacht werden. Ein entsprechender Beschluß war vom Haushaltsausschuß der DDR-Volkskammer gefaßt worden. „Wir dachten, über unsere Arbeit, auch unsere Sorgen, zu berichten, aber nicht gleich über unseren Zusammenbruch“, sagte der Lyriker am Mittwoch in Ost-Berlin vor Journalisten. „Durch finanzielle Entscheidungen werden jetzt die politischen Diskussionen ausgespart.“ Kirsch war im vergangenen März zum Nachfolger von Hermann Kant gewählt worden.

Nach den Worten seines Stellvertreters Joachim Walther hat sich die Perspektive des Verbandes nunmehr „dramatisch verkürzt“. Er sei von der Haltung der Politiker persönlich betroffen und enttäuscht. „Wir waren doch die Erneuerer im Verband und haben gegen erheblichen Widerstand für seine Veränderung gekämpft. Das ist nun nicht gewürdigt worden.“ Walther verwies auf die Absprache mit dem Schriftstellerverband (VS) in der Bundesrepublik über „eine ruhige Übergangszeit, in der wir die beste Variante für ein Zusammenrücken ausloten wollten“.

Der Schriftstellerverband erhielt nach Angaben seines Geschäftsführers Dirk von Kügelgen bisher jährlich etwa 2,2 Millionen Mark Zuschüsse sowie projektbezogene Unterstützungen. Für das zweite Halbjahr 1990 fehlten dem Verband demnach 1,1 Millionen Mark an staatlicher Unterstützung. Auch die Vorhaben des Verbandes für das zweite Halbjahr 1990 seien gefährdet, darunter im Dezember in Dresden eine internationale Autorentagung zum Thema „Schriftsteller und Umwelt“.