Wirbel um Schalck-Golodkowski

■ Aufgebrachte Bürger verhinderten Abtransport des Schalck-Besitzes / DDR-Justiz zeigt kein überhöhtes Interesse und verfolgt den Fall Schalck nicht weiter

Von Kintzinger und Mahlzahl

Berlin (taz) - Meißener Porzellan und andere Wertgegenstände aus dem Landhaus des ehemaligen SED-Devisenbeschaffers Alexander Schalck-Golodkowski bleiben vorerst an ihrem Platz im malerischen Örtchen Gollin.

Der Abtransport, über den die taz gestern berichtete, wurde am frühen Abend von den aufgebrachten Bürgern der etwa 70 Kilometer nordöstlich von Berlin gelegenen 150-Seelen -Gemeinde verhindert. Die Möbelwagen mußten ihren Rückweg nach West-Berlin leer antreten. Die Golliner Bürgermeisterin Renate Hasse hatte über die taz von der Abholaktion erfahren und die Einwohner des Dorfes zusammengerufen.

Mit einer Autoblockade sollte der Abtransport der angeblich „persönlichen Gegenstände“ Schalcks, deren Transport in die Bundesrepublik von der DDR-Generalstaatsanwaltschaft genehmigt worden war, verhindert werden - mit Erfolg. Die versammelten Staatsanwälte verzichteten darauf, den „Umzug“ mit Polizeigewalt durchzusetzen. Zuvor hatten sich auch die Möbelpacker der beauftragten Westberliner Spedition geweigert, angesichts der massiven Bürgerproteste ihre Arbeit zu verrichten.

Staatsanwalt Berthold drohte der Bürgermeisterin kurz vor dem Abfahren des leeren Möbelwagens damit, der Gemeinde die durch Arbeiter und Möbelwagen entstehenden Kosten aufzudrücken. Nach Informationen der taz wurde mit der Speditionsfirma aber vereinbart, daß die Kosten auch im Falle eines Nichtzustandekommens des Transportes vom Auftraggeber übernommen werden. Als Auftraggeberin fungiere angeblich eine Westberliner GmbH.

Währenddessen scheint das Verfahren gegen Schalck faktisch nicht weiter verfolgt zu werden. Der Haftbefehl existiert zwar noch weiterhin, aber die DDR-Generalstaatsanwaltschaft legte nach der Weigerung der Westberliner Justiz, Schalck auszuliefern, kein weiteres belastendes Material nach. Der Vorwurf, Schalck schulde dem Ort Gollin die Erschließungskosten des am dortigen See gelegenen Grundstückes, hatte im Dezember letzten Jahres zur Verhaftung des ehemaligen DDR-Staatssekretärs und Ex-Stasi -Oberst in West-Berlin geführt. Nach fünf Wochen Untersuchungshaft ließ die Westberliner Justiz den Devisenschieber laufen.

Seitdem, so der Sprecher des dortigen Justizsenates, Cornel Christoffel, sei aus Ost-Berlin nichts mehr gekommen. Daher verfolge man den Fall nicht weiter. Und: Wenn die DDR -Staatsanwaltschaft die mittlerweile bekannt gewordenen Straftaten Schalcks nachreichen sollte, fühlt West-Berlin sich nicht zuständig. Straftat und Aufenthaltsort Schalcks, irgendwo bei München, verböten die Zuständigkeit der Westberliner Justiz, meinte Christoffel.