piwik no script img

Wimbledon: Boris Becker hatte es eilig

■ Nun gegen Ivanisevic / 2. Halbfinale: Lendl-Edberg

London (dpa) - Fußballfan Boris Becker hatte es in Wimbledon eilig, stürmte gegen Brad Gilbert (USA) in 95 Minuten mit 6:4, 6:4, 6:1 ins Halbfinale und rannte dann vom Platz Richtung Fernsehgerät zum Spiel Deutschland-England. Nach stundenlanger Regenpause hatte der Weltranglisten-Zweite auf dem „Friedhof der Stars“ genau zwei Minuten nach Anpfiff des WM-Spiels in Turin mit dem ersten Matchball sein Ziel erreicht.

Im Halbfinale trifft Becker am Freitag auf Goran Ivanisevic (Jugoslawien) und kann damit Revanche nehmen für die Erstrunden-Niederlage von Paris. Ivanisevic schlug Kevin Curren (USA) 4:6, 6:4, 6:4, 6:7, 6:3. Das zweite Halbfinale bestreiten erwartungsgemäß der Weltranglisten-Erste Ivan Lendl (CSFR) und Vorjahres-Finalist Stefan Edberg (Schweden). Lendl siegte gegen Brad Pearce (USA) 6:4, 6:4,, 5:7, 6:4. Edberg bezwang seinen Landsmann Christian Bergström 6:3, 6:2, 6:4

Eine Seltenheit in Wimbledon: Alle Viertelfinale der Herren wurden nahezu zeitgleich auf vier verschiedenen Plätzen abgewickelt. Dabei mußte Edberg, 1988 immerhin Wimbledonsieger, sogar auf den Außenplatz 14 ausweichen. Dauerregen hatte den Beginn der Spiele bis fast 17.00 Uhr Ortszeit verhindert.

Auf Platz 2 wurde Becker, der ursprünglich auf dem Centre Court angesetzt war, mit den äußerst schwierigen Bedingungen sofort besser fertig. Ein böiger, kalter Wind pfiff über den Rasen. Es war so ungemütlich, daß sich die prominenteste Besucherin, die Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Katarina Witt, auf einen windgeschützten Balkon zurückgezogen hatte und dem Geschehen nur eine Weile von oben zusah. Unten auf dem Rasen tat Becker das einzig richtige: Er paßte sich den Bedingungen an, lamentierte nicht, wenn der Wind die Bälle verwehte. Er spielte ruhig und sehr konzentriert.

Dagegen zeigte sich der mit einer Leidensmiene herumlaufende Brad Gilbert mehrmals vor Enttäuschung den Vogel und führte dauernd laute Selbstgespräche: „Erster Aufschlag, mach‘ nur den ersten Aufschlag und komm‘ in Rhythmus.“ Doch mit herrlichen Returns bei Gilberts Service und mit konsequenten Serve- und Volley-Attacken am Netz bei eigenem Aufschlag kontrollierte Becker seinen „Angstgegner“. Es war bald keine Frage mehr, daß Becker mit diesem Match die bisherige Negativ-Statistik auf 4:4 ausgleichen würde.

Im ersten Satz brachte Becker ein Break zum 4:3 auf Kurs, im zweiten Satz fiel die Vorentscheidung mit einem Break zum 5:4. In beiden Durchgängen verwandelte er den ersten Satzball. Im dritten Satz schien es so, als habe Becker nur ein Ziel, schnell fertig zu werden und vor das Fernsehgerät zu kommen. Er schaffte es nicht ganz zum Spielbeginn. Zwei Minuten nach dem Anpfiff nutzte er den ersten Matchball.

Zu seinem nächsten Gegner Ivanisevic sagte Becker: „Er ist ein sehr guter Aufschläger und daher sehr gefährlich auf Rasen. Aber ich verlieren nicht gerne zweimal hintereinander gegen denselben Spieler.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen