Solarer Wasserstoff:Energie der Zukunft

■ Wasserstoffwirtschaft bislang Vision von Experten und Insidern / Forschungs- und Demonstrationsprojekte multinational

„Die Zukunft liegt im Wasserstoff - aber ich werde die wohl nicht mehr erleben.“ Heinz Bahlmann, kurz vor seiner Pensionierung stehender Geschäftsführer der Bremerhavener Stadtwerke, ist einer von denen, die auf den Fortschritt in der Energiewirtschaft setzen, der unabhängig macht von fossilen Energiequellen. Noch ist „Solarer Wasserstoff“ als Energieträger der Zukunft nur unter Experten, Ingenieuren und wenigen Interessierten unbestrittener Konsens: Doch daß die Vision Wirklichkeit wird, halten sie für unumgänglich. Wasserstoff ist eines der am häufigsten vorkommenden Elemente und als Bestandteil von Wasser praktisch unbegrenzt verfügbar. Bei seiner Verbrennung mit schadstofffreien Nutzungstechniken entsteht wieder Wasser.

Wasserstoff ist ein brennbares Gas, das schon seit Jahren vor allem in der Gase-Industrie eingesetzt wird: Bis zu 20 Mrd. Kubikmeter Wasserstoff werden pro Jahr allein in der Bundesrepublik erzeugt, im wesentlichen auf Basis der Verbrennung von Erdgas und anderen Kohlenwasserstoffen. Im Umgang mit Wasserstoff, der als Hauptbestandteil des früheren Stadtgases (Anteil: ca. 60%) bis etwa 1960 durch die Rohre strömte und als Nebenprodukt ungenutzt verpuffte ist Know-How in ausreichendem

Maße vorhanden.

Wasserstoff als chemischer Energieträger wird dagegen erst seit Anfang der 70er propagiert: Seitdem die ökologischen Folgen der gegenwärtigen Energieversorgung und die Begrenztheit der fossilen Energievorräte offenkundig werden. Die vier herkömmlichen Energien (Kohlen, Mineralöl, Naturgase und Kernenergie) entnehmen begrenzt vorhandene Energierohstoffe aus der Erdkruste und geben sie chemisch oder isotopisch verändert an die Geosphäre zurück, erläutert Professor Carl-Jochen Winter vom Zentrum für Sonnenenergie -und Wasserstoff-Forschung (ZSW, Stuttgart-Ulm) und der Deutschen Forschungsanstalt für Luft-und Raumfahrt (DLR). „Gelegentlich giftig, bei Kernenergiesystemen immer radioaktiv; bei den fossilen Energien wird unausweichlich Sauerstoff aus der Atmosphäre entnommen und Kohlendioxid an sie abgegeben. Bei Kohlen, Mineralöl, Naturgasen und Kernenergie wird die Umwelt außerdem prinzipiell mit additiver Wärme beladen, die dem gesamten Wärmeinhalt der eingesetzten Primärenergie entspricht“, so der Professor.

Anders beim Wasserstoff als alternativem chemischem Energieträger: Er kommt ohne Energierohstoffe aus und er entläßt folglich auch keine Schad- oder

Reststoffe in die Umwelt. Er wird hergestellt durch elektrolytische Spaltung des Wassers. Folglich ist zwar Energie notwendig, um diesen Kreislauf anzustoßen: „Wasser + Energie Wasserstoff + Sauerstoff speicher- und transportierbares, energieträchtiges Gas“. Umweltverträglich können die dazu notwendige Energie entweder Wasser-oder Windkraft liefern, im Idealfall die

Sonne per Solarzellen. Diese Version wird von der Forschung favorisiert.

In einem nichtfossilen Energiehandelssystem der Zukunft, das mit den laufenden multinationalen Forschungs- und Demonstrationsprojekten vorausgedacht wird, kooperieren der industrielle Norden als Energiekäufer mit dem solaren Süden als Energielieferer: „Der Süden erhält mit sola

rem Wasserstoff ein Handelsgut, der Norden exportiert die zugehörigen Technologien“ (Prof. Winter). Auf dieser Grundlage führen Saudi-Arabien und die Bundesrepublik seit 1986 ein gemeinsames Forschungsprogramm (HYSOLAR) durch: In der Wüste nicht weit von Riyadh entsteht die weltweit erste Pilotanlage für die solare Erzeugung von Wasserstoff. Birgitt Rambalsk