Tote Fische und Spione

TOTE FISCHE UND SPIONE

Martin Cruz Smith‘ Gorki Park zählt zweifellos zu den besten Rußland-Krimis, die je geschrieben wurden. Das Buch machte den ehemaligen Journalisten reich und berühmt. So ist es nur logisch, daß er eine Fortsetzung schrieb. Polar Star heißt der neue Thriller, und er steht auch bei uns schon seit einigen Wochen auf den Bestsellerlisten. Der Held ist wieder Arkadi Renko, nur ist er jetzt nicht mehr Chefinspektor der Moskauer Kripo. Nach dem dramatischen Finale in Gorki Park und einer wahren Odyssee durch die entlegensten Teile der Sowjetunion, immer auf der Flucht vor dem KGB, hat es ihn auf die „Polar Star“, einer schwimmenden Fischfabrik in der Beringsee verschlagen. Hier verbringt er seine Tage mit dem Ausnehmen von toten Fischen. Aber das Joint-venture zwischen amerikanischen Fischtrawlern und der „Polar Star“ dient noch ganz anderen Zwecken als dem Fischfang. Als eines Tages die Leiche der jungen Sina Patiaschwili in einem Netz voller Fische an Bord gehievt wird, erinnert man sich der Talente von Arkadi. Und der findet sich plötzlich in einer komplizierten Spionagegeschichte wieder.

Das Buch ist eigentlich ein typisch englischer Whodunit -Krimi. Nur daß hier der Ort des Geschehens nicht ein herrschaftliches Landhaus, sondern ein Schiff ist. Ohne Zweifel hat der Autor ausgezeichnet recherchiert, aber das wird ihm auch zum Verhängnis. Die exakten Beschreibungen des Lebens auf einem Fischtrawler sind zwar zunächst noch ganz interessant, wiederholen sich aber ständig und hindern so die Spannung daran, richtig durchzubrechen. (Hoffmann und Campe)

Sehr zu empfehlen ist dagegen die anspruchsvolle Spionagegeschichte Das Geheimnis der schönen Solange. Geschrieben hat sie Vladimir Volkoff. Er wurde 1932 in Paris als Sohn weißrussischer Emigranten geboren. Heute lebt er als freier Autor in den USA, schreibt seine Bücher jedoch auf französisch. Für seinen Agentenroman Die Absprache erhielt er 1982 den Grand Prix du Roman de l'Acadmie Francaise.

In seinem neuen Buch geht es auch wieder um Spione: Boris und Francois machen beide im Geheimdienst Karriere. Für Francois ist der Himmel infiltriert von Agenten des Bösen, und der Gott der Güte besitzt keine Waffe gegen sie. Der Franzose beschließt, diese Waffe zu sein. Sein Auftrag lautet, die junge Solange zu verhören, um herauszufinden, ob sie in Wahrheit nicht etwa die Tochter des berüchtigten stalinistischen Funktionärs Boris Bernhardt ist. Schon nach einer Stunde haben sich die bei den ineinander verliebt und Fran cois spielt mit dem Gedanken, das Geheimnis der schönen Solange nicht zu verwenden... (Klett-Cotta)

Wer sich für sowjetischen Kriminalromane interessiert, der sollte sich die Schwarze Beute, das rororo thriller-Magazin 5 besorgen. Der Band enthält einen wirklich lesenswerten Aufsatz der russischen Schriftstellerin Larisa Isarowa zum Thema.