Klappstühle für Füllige

■ Oder: Wie passen bloß 660 gesamtdeutsche Abgeordnete ins Bonner Wasserwerk?

Es bröselt und bröselt. Bundes-Richard löste vor einer Woche mit seiner Liebeserklärung an Berlin einen schweren Schock bei den Bonnern aus. „Bei uns glaubt inzwischen niemand mehr, daß hier die erste Sitzung des gesamtdeutschen Parlaments stattfindet“, klagt ein enger Mitarbeiter von Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth. Er klingt verzweifelt. Dabei hatten wir doch nur gefragt, ob denn die 660 Abgeordneten eines künftigen gesamtdeutschen Parlaments im Bonner Wasserwerk überhaupt Platz hätten - schließlich sitzt bei Plenarversammlungen heute schon ein Teil der 520 auf Klappstühlen.

Wenn es sein müßte, brächte man schon alle unter, versichert der Bundestagsmitarbeiter. Nur: Die Sitzbreite der Stühle müßte von 55 auf 50 Zentimeter verkleinert, die Armlehnen abmontiert werden. Da wird es dann eng für die fülligen Herren Wolfgramm (FDP), Gerster (CDU) oder Wischnewski (SPD). Und der Bundeskanzler, der bräuchte dann einen extra Sessel. Noch ein Grund, gegen Bonn und für Berlin.

Alle gehen - einer kommt. Der neue grüne Bundesratsminister aus Niedersachsen, Jürgen Trittin, lud die Bonner Journaille zum Kennenlernen in die Landesvertretung. Prompt bemäkelten die ausgehungerten Schreiberlinge den angebotenen Eintopf. Bei seinem schwarzem Vorgänger habe es immer ein Drei-Gänge -Menü gegeben, rieben sie dem Minister unter die Nase.

Nicht nur kulinarisch tritt der Grüne ein schweres Erbe an: Er muß in einen überdimensionalen, von seinem Vorgänger geplanten Betonneubau umziehen. Die Grünen hatten das millionenteure Projekt erfolglos bekämpft. Zu ihrem Trost sollte nach dem Abriß der alten Niedersächsischen Landesvertretung auf dem Grundstück ein Bio-Tümpel angelegt werden. Doch daraus wird jetzt auch nichts. Die Repräsentanten des künftigen Bundeslandes Sachsen-Anhalt sollen in die alte Villa einziehen - wenn es denn einer solchen Vertretung in Bonn nach der Wahl noch bedarf.

Was den Bonner Korrespondentinnen so auf den Tisch flattert. Zum Beispiel die Pressemitteilung des Deutschen Imkerbundes über die „Schulung zur Erreichung der Spitzenqualität des ECHTEN DEUTSCHEN HONIGS IM EINHEITSGLAS“ (DDR-Imker wurden geschult): „Nach dem gemeinsamen Mittagessen referierte der Präsident Dr. E. Schieferstein über die bewährten Vermarktungsmechnismen des ECHTEN DEUTSCHEN HONIGS IM EINHEITSGLAS.“ Und da behaupte eine, in Bonn sei nichts mehr los.

Tina Stadlmayer