Ex-DDRler bringt neuen Segen nach Leipzig

Leipzig (taz) - Der 31jährige Dasavatara Dasa kam mit seiner Frau zum Zwecke, das Krsna-Bewußtsein zu etablieren, von Skandinavien nach Leipzig. Sein bürgerlicher Name ist schlicht Hans-Dieter Konrad, und in seinem früheren Leben, bevor er mit 19 Jahren zu den „Gottgeweihten“ fand, war er sogar einmal DDR-Bürger. Nun ist er zurückgekehrt in sein Geburtsland und eröffnete mit seinen Freunden einen Krsna -Tempel im Peterssteinweg 10 b. Zur Einweihungsfeier kamen so etwa 40 Leipziger, um den extra eingeflogenen Guru in Umrahmung von indischer Meditationsmusik und vegetarischer Kost sprechen zu hören.

Die Internationale Gesellschaft zur Verbreitung des Krsna -Bewußtseins, die ISKCON, wurde 1966 in New York gegründet. In ihrer Heilslehre verlangt sie die selbstlose Hingabe an den persönlichen Gott Krsna, sämtliche Schriften können nur durch den Guru vermittelt werden. Er ist die allgemeine Autorität und zuständig für die Unverfälschthteit der Offenbarung. Die Anhänger leben in Ashrams, den Tempelgemeinschaften. Die verheirateten Männer tragen weiße Photis, die Mönche orangefarbene, Frauen tragen Saris. Der Tagesablauf besteht vor allem aus dem Studium der Schriften und der Arbeit im Tempel.

Solcherart Betätigung soll nun auch in Leipzig nichts mehr im Wege stehen. Zunächst wollen die Gläubigen unter dem Management von H.D. Konrad ebenjenen Tempel als eine Art Kulturzentrum gestalten: Spirituelles Happening jeden Sonntag, Musik, Vorträge, Videofilme und indischer Tanz. Damit der neue Glauben auch dem Gaumen Freude macht, sind auch Kochkurse geplant. Die Veranstaltungen sind offen für alle Interessenten, aber wer mehr als dies will, kann sich vielleicht bald der ersten Leipziger Krsna-Gruppe anschließen, die sich, sofern genügend Anhänger zusammenkommen, wohl alsbald formieren wird.

Die Wohnung für alle Treffs wurde übrigens von einem Küster namens Klaus Rudolf, der selbst Mieter ist, der ISKCON zur Untermiete überlassen. Wie lange die Krsna-Jünger dort allerdings noch wohnen können, ist unklar. Denn hat der Küster erst mal Leipzig ganz verlassen und somit seinen Mietvertrag mit dem Rat der Stadt Leipzig gekündigt, hofft man als Kulturzentrum anerkannt zu werden und in den Räumlichkeiten verbleiben zu können. Was das schon jetzt an Miete kostet, darüber schweigt das Krsna-Bewußtsein. Ansonsten will man sich aus dem Bücherverkauf mit einem Unkostenbeitrag von 5 Mark für das Sonntagsfest finanzieren. Da man sehr einfach lebe, brauche man schließlich auch nicht soviel auszugeben.

Materielles, Vergängliches ist mithin unwichtig. Entscheidend und den Zusammenhalt bestimmend ist das Sendungsbewußtsein von der weltverändernden Botschaft, von der eigenen, allein seligmachenden Botschaft. Möglich, daß das für den autoritätshungrigen und durch die Wirren dieser Zeit strauchelnden DDR-Bürger eine echte Alternative ist. Auf die Frage, wer denn eigentlich bestimmme, welche Person Guru und damit höchstes Maß sein darf, kam die Antwort, daß es Krsna selbst sei. Womit klar ist: Die jetzigen Gurus sagen, wer die nächsten sind. Es ist immer das gleiche Lied.

Vera Linß