Möge der Schönste gewinnen

■ Die Fußball-Weltmeisterschaft aus der Sicht von Marie H. (10 Jahre alt)

INTERVIEW

taz: Hast du schon ein Spiel bei der WM gesehen?

Marie H.: Nein, eigentlich nicht. Nur mal reingespickt.

Interessierst du dich nicht dafür?

Doch! Aber meine Eltern wollen das nicht. Die sagen, ich sei noch zu klein zum Fernsehen. Dafür lese ich viel.

Verstehe ich das richtig, deine Eltern schauen sich die WM im Fernsehn an und lassen dich nicht zuschauen?

Ja. Es wird mir aber auch nach einer Weile langweilig, wenn kein Tor kommt. Fouls sind spannend. Die Spieler machen immer so komische Grimassen und tun, als würden sie beten, wenn ihnen was wehtut.

Also hast du doch schon etwas gesehen.

Ja, heimlich. Meine Eltern haben nicht gemerkt, daß ich hinter ihnen gestanden habe.

Was hat dir denn am besten gefallen?

Wenn sie gesungen haben. Und die Tore.

Findest du, die singen schön?

Ja, manche. Ich finde schön, wenn man die Gesichter sieht. Und für die Seite, wo der Schönste ist, für die hoffe ich, daß sie gewinnen. Ich weiß nicht mehr, wie der heißt, das war ein schöner Holländer. Der hatte blonde Haare, hinten hochgeschnitten und vorne hingen sie rüber. Und von dem einen Italiener, der letztens in der Zeitung so traurig ausgesehen hat, gefällt mir der Name: Schillaci. Der Maradona, der sieht toll aus, lustig, klein und dick. Die Argentinier und die Holländer, da will ich immer, daß die gewinnen.

Die Holländer sind aber schon ausgeschieden.

Schade. Aber diesen Holländer, den hätte ich geheiratet, wenn es sein müßte, weil der gut aussieht und weil er gut spielen kann. Hoffentlich gewinnen die Argentinier gegen die Deutschen.

Sind deine Eltern auch auf Seiten der Argentinier?

Papa nicht, und Mama interessiert sich sowieso nicht dafür. Mein Vater ist ganz aufgeregt, wenn die Deutschen spielen. Der brüllt immmer: Foul. Elfmeterschuß. Tor, nein, gehalten! Eckball brüllt er auch oft. Das hört sich an, als ob er bescheuert wäre. Das Gespräch mit seiner Tochter führte Peter Huth.