Das Ende des Peter Mladenow

■ Bulgarien feiert den Rücktritt seines kompromittierten Präsidenten

Von Ömer Erzeren

Berlin (taz) - Die bulgarische Regierung rief zur „Ruhe und Ordnung“ auf. Es nützte wenig. Rund 15.000 Bulgaren feierten am Wochenende in den Straßen Sofias den Rücktritt des Staatspräsidenten Peter Mladenow. „Sieg„-Rufe an der Universität Sofia, Jubelstimmung bei den Studenten, die unterstützt von Hochschullehrern - die Hochschulen besetzt halten. Siegesstimmung auch bei den Intellektuellen, die sich seit Tagen im Sitzstreik vor dem Parlament befinden. Befriedigung im Parlament, Erleichterung in Kreisen der Regierungspartei und der Opposition, die den Rücktritt gefordert hatte.

Dabei hatte der 54jährige Politiker glänzend den Übergang von dem diktatorischen Schiwkow-Regime zur Demokratie verwaltet. „Das bulgarische Volk wird nie vergessen, was Peter Mladenow unter Einsatz seines Lebens für den gewaltfreien Übergang zu einem demokratischen Regime geleistet hat“, ehrte Regierungschef Andrej Lukanow den Ex -Präsidenten. „Mladenow war die Lokomotive des Demokratisierungsprozesses in Bulgarien“ urteilt die Nachrichtenagentur 'afp‘.

Schließlich stand der Reformkommunist an der Spitze der „Palastrevoltion“ gegen den Stalinisten Todor Schiwkow im November vergangenen Jahres. Unter seiner Führung wandelte sich die alte KP in eine reformkommunistisch orientierte „Sozialistische Partei Bulgariens“. Unter seiner Führung verzichteten die Kommunisten auf den Führungsanspruch in Staat und Gesellschaft. Er bahnte den Weg für die Wahlen im vergangenen Monat. Und einmalig in Osteuropa: Mit Mladenow gewannen die Kommunisten die ersten freien Wahlen in Bulgarien.

Nun haben - wie andernorts in Osteuropa auch - die bösen Geister der Vergangenheit Mladenow eingeholt. Die Bulgaren verzeihten ihm noch, daß er unter dem Altstalinisten Schiwkow 18 Jahre als Außenminister gedient hatte. Doch eine Lüge über die atemberaubenden Tage nach Schiwkows Sturz sollte ihm den Kopf kosten.

Im Wahlkampf hatte die Opposition ein Videoband veröffentlicht, in dem Mladenow während der heißen Dezembertage den Panzereinsatz gegen antikommunistische Demonstranten verlangte. „Laßt die Panzer kommen“, heißt es wörtlich. Wochenlang bestritt Mladenow die Echtheit der Aufnahmen. „Eine böswillige Montage“, schimpfte er und drohte den Urhebern mit Gerichtsverfahren. Mittwoch vergangener Woche bestätigte schließlich eine Expertenkommission die Echtheit des Videos. Der Präsident mußte zugeben, daß der kompromittierende Satz gefallen war. Es war das Ende seiner Karriere. Im Fernsehen wurde seine Rücktrittserklärung verlesen: „Ich möchte nicht der Grund für wachsende Spannungen im Land sein.“