Bombenleger beim Verfassungsschutz?

Berlin (taz) - „Celler Loch“ jetzt auch in Berlin? Wegen des Verdachtes „auf Vorbereitung eines Sprengstoffvergehens und Strafvereitelung im Amt“ ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft gegen das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz. Die Staatsschnüffler lagerten in Berlin -Dahlem jahrelang Waffen und Sprengstoff. Durch Zufall fand im Mai die vom Berliner Abgeordnetenhaus eingerichtete „Projektgruppe Schmücker“ das Depot. Amtsleiter Annußek hatte nach der Entdeckung vorgegeben, daß die etwa fünf Kilogramm Sprengstoff Attrape wären und ließ die Masse in einer Blechdose zusammen mit einer angeblich entschärften scharfen Rohrbombe an einem Freitag nachmittag durch den Berufsverkehr zur Technischen Untersuchungsabteilung der Polizei transportieren. Dort stand der Kram tagelang im Treppenhaus herum. Doch der Doseninhalt wie die Rohrbombe waren scharf und die Polizei sauer.

Den Sprengstoff soll der V-Mann „Hein“ Anfang 1982 von den Verfassungsschützern in Berlin bekommen haben. Nach seiner Aussage im vergangenen Mai vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß zum „Mordfall Schmücker“ sei es aber kein echter Sprengstoff gewesen. In Griechenland habe er die mehreren Kilogramm deutschen Extremisten übergeben. Tatsächlich soll bei Versuchen „das Pulver aus einer Maismehltüte ziemlich gerumst“ haben, erklärte gestern die sicherheitspolitische Sprecherin der AL und Mitglied des Untersuchungsausschußes, Lena Schraut. Später habe Hein den Sprengstoff zurückgegeben.

Hein ist bekannt, weil er damals im niedersächsischen Celle bei der vereitelten Befreiung des RAF-Mitgliedes Sigurd Debus beteiligt war. Nach der Sprengung eines Loches in die Gefänginismauer („Celler Loch“) sollte Hein den Befreiten nach Italien bringen. Als die Sache aufflog, mußte der damalige Ministerpräsident Albrecht /CDU) eine seiner schwersten Krisen bewältigen: Er wußte von Beginn über den Anschlag Bescheid. Hein hatte aber auch die Berliner „Schmücker„-Anwälte für den Verfassungsschutz ausspioniert.

Der Pressesprecher des Berliner Innensenats, Werner Thronicker, erklärte der taz, daß es für die Vorbereitung eines Sprengstoffanschlages keine Anhaltspunkte gebe. Bisher konnt die Technischen Untersuchungsabteilung der Polizei nicht feststellen, daß der Sprengstoff bei einen Anschlag verwendet wurde.

Dirk Wildt