„Früher kam das Geld aus der Steckdose“

■ Bausenator Nagel und Baustadtrat Thurmann zogen Zwischenbilanz zum 25-Millionen-Sanierungsprogramm für Ost-Berlin

Prenzlauer Berg. Einen „großen Erfolg“ für sein 25-Millionen -Programm zur Stadterneuerung in Ost-Berlin und Potsdam attestierte sich Westsenator Wolfgang Nagel (SPD) gestern vor der Presse anläßlich der Eröffnung seines Koordinationsbüros in der Schwedter Straße 47 am Prenzlauer Berg. Elf Häuser sind inzwischen in Bau, bei weiteren 38 Häusern steht es fest, daß sie vermutlich noch dieses Jahr in Bau gehen werden. 18 der Häuser sind in Prenzlauer Berg, 15 im Bezirk Mitte, zwölf in Potsdam, die vier restlichen in Friedrichshain, Treptow und Lichtenberg. 19 dieser Häuser sind Selbsthilfeprojekte, 13 stehen leer. Mit den 25 Millionen werden außerdem eine Blockheizanlage, ein Stadtteilladen und ein Bauhof finanziert. Sanierungsträger für die Häuser sind die landeseigene DeGeWO, die Stadterneuerungsgesellschaften S.T.E.R.N., BSM und Stattbau sowie das SPI und der Verein LiSt und, in Potsdam, die Arge Mittelstraße.

Insgesamt werde mit dem 25-Millionen-Anschub ein Bauvolumen von 60 Millionen „aktiviert“, denn auch Ost-Berlin stellt Gelder zu Verfügung. Zwar habe man, sagte Ost-Berlins Baustadtrat Thurmann (SPD), für die Stadterneuerung nur 350 Millionen für den Rest des Jahres - gebraucht werde das Doppelte. Aber diese Projekte hätten erste Priorität. Prinzipiell müsse aber Ost-Berlin, so wie alle Kommunen, vom Staat oder vom Bund mehr Mittel bekommen, sonst könne man den Leerstand von 27.000 Wohnungen nie beseitigen.

Große Probleme gebe es, so Nagel, mit den unflexiblen Kommunalen Wohnungsverwaltungen, die man bis in die mittlere Führungsebene hinein zerschlagen müsse. „Jeder wartet dort auf den anderen, daß der was entscheidet“, meinte eine Vertreterin der Bauverwaltung, die Nagel und Thurmann bedeutungsschwanger, aber etwas unverständlich ein Kännchen Nordhäuser Doppelkorn als „Schmiermittel“ eingoß. Ärgerlich sind Nagel und Thurmann auch über die gestiegenen Baukosten: Handwerker nehmen inzwischen oft höhere Preise als im Westen.

Entgegen urspünglichen Äußerungen wollen Nagel und Thurmann jetzt doch Geld in die Häuser stecken - egal ob eventuell später Privateigentümer Ansprüche anmelden. „Wenn wir einen Schiffbrüchigen retten, fragen wir auch nicht danach, ob er später die Kosten trägt“, meinte Nagel. Die Sanierung soll nicht auf die Miete umgelegt werden. Eine Vertreterin der BI Rykestraße vom Prenzlauer Berg zeigte sich nach wie vor unzufrieden. „Wir kämpfen seit 1988 darum, daß die Rykestraße nicht abgerissen wird, und jetzt werden nur zwei Häuser saniert und ausgerechnet noch diese beiden Häuser, die die KWV sowieso erhalten wollte“, meinte sie. Auch das sei, so Nagel, eine Geldfrage. „Früher kam hier das Geld aus der Steckdose, heute muß man sich darum kümmern.“

esch