Ehemaliges ZK-Mitglied verläßt Bonn

■ Das Ende der „Ständigen Vertretungen“ in Bonn und Berlin / Horst Neubauer, der führende Kopf in Bonn, verabschiedet sich und beendet endgültig seine SED-Diplomaten-Karriere

Bonn (dpa) - Die Geschichte der ost- und westdeutschen „Ständigen Vertretungen“ geht zu Ende: Mit dem Abschiedsbesuch bei Kanzleramtsminister Rudolf Seiters am Mittwoch in Bonn verläßt der einzige Einwohner Bonns die Bundeshauptstadt, der einmal ZK-Mitglied in Berlin war und Träger des Ordens „Banner der Arbeit“ ist: Horst Neubauer. Damit verliert die „Ständige Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik“ in der Bundesrepublik ihren Kopf, denn einen Nachfolger wird es nicht mehr geben.

Fünf Tage nach seinem 54. Geburtstag beendet der SED -Parteidiplomat eine Karriere, die ihn vom Verkäufer über die Polit-Akademie Potsdam-Babelsberg in den Außendienst seiner Republik führte, für die er in Moskau arbeitete und schließlich Botschafter in Polen wurde. In Bonn galt er als strikter Vertreter der Honecker-Kurses. Ohne erkennbare Konzilianz vertrat er auch in den schwierigen Flüchtlingsmonaten 1989 den harten Kurs seiner Regierung. Bonn war nach Warschau sein erster Posten im Westen. Neubauer arbeitete seit 1960 als DDR-Diplomat im Warschauer Pakt.

In Bonn war klar, daß die Vertretung vom Honecker-Regime als Hebel für die ständigen Versuche benutzt wurde, die Anerkennung der Eigenstaatlichkeit durchzusetzen. 1974 hatten Bonn und Berlin den Vertrag über die Errichtung der Vertretungen unterzeichnet.

Die „Ständigen Vertretungen“ waren in Wirklichkeit Botschaften, auch wenn auf Bonner Wunsch wegen der besonderen Beziehungen auf diesen Namen verzichtet wurde. Die Bundesregierung unterstellte ihre Ostberliner Mission denn auch nicht dem Auswärtigen Amt, sondern dem Kanzleramt, das dementsprechend Ansprechpartner für den Berliner Mann in der Bundeshauptstadt ist.

In der DDR jedoch bestand man auf diplomatischer Etikette: Ihre Vertretung unterstand dem Außenministerium, und dieses war gleichfalls Adressat für die Bundes-Mission in der Hannoverschen Straße in Berlin. Auch dem Namen nach gab es feine Unterschiede: Der DDR-Repräsentant am Rhein kam im Rang eines Botschafters, der Bonner Mann an der Spree war immer Staatssekretär.

In Bonn-Bad Godesberg hatte die DDR für 7,3 Millionen Mark ein unscheinbares Zweckgebäude in einem lärmenden Karree zwischen einem Autohändler, einem Baumarkt, der Hauptbahnstrecke und der Bundesstraße 9 gekauft.

In der letzten Diplomatenliste sind 35 akkreditierte Mitarbeiter verzeichnet. 25 arbeiten noch, wie ein Sprecher der Vertretung am Dienstag mitteilte. Wie lange der Betrieb aufrechterhalten wird, wußte niemand. Die große Mehrheit mußte seit Jahren in der Teutonentraße beinahe kaserniert in Reihenhäusern Wand an Wand wohnen. Für die Mitarbeiter gab es kleine Dienstwagen eines großen deutsch-amerikanischen Werkes. Der „Chef de Mission“ ließ sich jedoch weder im Wartburg noch im Tatra chauffieren, und auch nicht in einem der berühmten dunkelblauen Stasi-Volvos, sondern vielmehr mit einem teuren Stern aus Stuttgart.

Hans-Jürgen Höfer