Widerstand&Anpassung

■ „Chronik einer Einmischung“

(DFF II, 11. Juli, 22.00 Uhr) Ein kritisches Wort über die Rolle der evangelischen Kirchen in den letzten Jahren zu sagen, trauen sich nur wenige. Nachdem die Kirche lange als reaktionär galt, erscheint sie nun als die positive Kraft. Wesentlich differenzierter sahen das die drei Filmemacher der „Chronik einer Einmischung“, den das Fernsehen nun zum zweiten Mal zeigt.

Sie haben das Engagement der evangelischen Christen in einen größeren Zusammenhang gestellt. So erinnert der Streifen an das Treffen zwischen Staatsratsvorsitzendem Honecker und Bischof Schönherr am 6.März 1978. Erwartungen und Enttäuschungen werden vom Altbischof dazu beigetragen. Auch zu anderen Ereignissen kommen Zeitzeugen zu Wort: Manfred Stolpe, Friedrich Schorlemmer, Ruth Misselwitz.

Verschwiegen werden auch die Konflikte zwischen den Basisgruppen und Kirchenleitungen nicht. Die Gruppen, so kommentiert Altbischof Krusche, seien den Kirchenleitungen immer einen Schritt voraus gewesen. Die Leitungen hätten sich dann aber schützend vor die Gruppen gestellt, doch nicht immer inhaltlich hinter sie. So erscheint Kirche in diesem Beitrag nicht als einheitlicher Block, sondern voller Widersprüche.

Erinnert wird an die Entstehungsgeschichte der kirchlichen Friedensbewegung, an die Zensureingriffe gegen die Kirchenzeitungen, an den Olof-Palme-Friedensmarsch, an die Tagungen von Kirchenparlamenten, an Kirchentage wie den 1987 in Berlin.

Mit dem Bemühen, auch die internationalen Entwicklungen in die Darstellung einzubeziehen, haben sich die Filmemacher etwas übernommen. Raketenstreit, Afganistan, Gorbatschow auch sie fehlen nicht in dem Film. Ein bißchen viel für 45 Minuten. Dennoch: Wer nach den Motiven von Christen fragt, die sich in der letzten Zeit so ins politische Geschehen stürzten, erhält in diesem Film bemerkenswerte Auskünfte.

Stefan Berg