Heimweg in den Tod

■ Irakische Flüchtlinge, die den Amnestieangeboten der Regierung Sadam Hussein Glauben schenken, „verschwinden“ oft schon am Grenzübergang

Berlin (taz) - Yusuf Hormiz Shmoel wollte sich freiwillig den irakischen Behörden stellen. Nach Monaten, die er als Flüchtling in einem Lager im Südosten der Türkei verbracht hatte, war der Vater von sechs Kindern wohl erleichtert über das Amnestieangebot, das aus Bagdad kam. Er glaubte den Versprechungen, daß seine Familie, die sich keiner anderen „Schuld“ als ihrer Religionszugehörigkeit bewußt war, sicher in das kleine Dorf Bash in der Provinz Duhok zurückkehren könne. Am Grenzübergang verlor sich die Spur der achtköpfigen Familie.

Auch 32 andere assyrische Christenfamilien aus dem Irak, die zwischen Herbst 1988 und Frühjahr 1989 den Weg zurück angetreten waren, sind seither „verschwunden“. Die meisten von ihnen stammen aus der Provinz Duhok, viele aus dem Dorf Bash. In ihren Dörfern müßte es möglich sein, zu erfahren, ob sie je zurückgekehrt sind. Aber die Behörden behaupten, nichts vom Verschwinden dieser Leute zu wissen. Tausende Menschen - darunter vor allem Kurden, aber auch assyrische Christen und Araber - sind im vergangenen Jahr „verschwunden“. Vermutlich sind viele von ihnen tot, andere leben vielleicht noch in einem der berüchtigten „Wiederansiedlungslager“ in der Nähe der kurdischen Städte Slaimaniya und Arbil im Norden des Landes - bewachte Festungsanlagen, aus denen kein Entweichen möglich ist.

Nach den irakischen Giftgasangriffen auf kurdische Siedlungsgebiete im Sommer 1988 waren über 55.000 Menschen in die benachbarte Türkei geflohen. Dort erhielten sie kein Asyl, sondern wurden in Flüchtlingslagern interniert. Seit 1988 hat das Regime in Bagdad immer wieder versucht, sie mit Amnestieversprechungen zurückzuholen. Wiederholt gab es gewaltsame „Repatriierungen“ in den Irak, und mit geeinten Kräften sollen der irakische und der türkische Geheimdienst Flüchtlinge gezwungen haben, ihren Rückkehrwunsch zu unterschreiben. Mindestens 9.300 Menschen sind inzwischen zurückgekehrt, doch keine ausländischen Beobachter haben ihre Repatriierung kontrolliert, nicht einmal das Rote Kreuz wurde zugelassen. Hussein will offensichtlich allein mit seinen Opfern abrechnen.

dora