Der Pakt mit Springer

■ Der Mediengigant will sogar ungarische KP-Blätter

Aus Budapest Tibor Fenyi

„Nur weil der Kommunismus gestürzt worden ist, werden wir an der Grenze noch keine Tafel mit der Aufschrift 'Springer -Land‘ aufstellen“, sagt Dr. Peter Molnar, Sekretär des ungarischen Parlamentskomitees für die Privatisierung der Presse. Der Grund für die Äußerung ist ein laut Molnar ethisch wie rechtlich fragwürdiger Schritt der Axel Springer Budapest GmBH. Denn der deutsche Mediengigant hat vor, sich sämtliche ehemals kommunistische Provinzblätter unentgeltlich einzuverleiben.

In den letzten Jahrzehnten wurde nämlich in jedem Komitat (Bezirk) nur eine Tageszeitung herausgegeben. Verlegerin war die Staatspartei. Da es verboten war, konkurrierende Blätter zu betreiben, waren die Provinzunternehmen meist profitträchtig: Das Geld floß der KP beziehungsweise ihrer Nachfolgerin, der Ungarischen Sozialistischen Partei, zu. Im vergangenen Jahr, angesichts des heraufziehenden Wahlkampfs, stellten die damaligen Oppositionsparteien die Forderung auf, die USP sollte dieses Recht aufgeben, schließlich hätte die KP die ehemals unabhängigen Blätter einfach enteignet.

Jozsef Bayer, Budapest-Vertreter Springers, witterte seine Chance. Er machte den Redaktionen das Angebot, „funkelnagelneue Blätter“ mit unveränderten Redaktionsstäben und Druckhäusern herauszugeben. Unterdessen bezeichnete der Schatzmeister der USP, Fabriczki, die Frage nach der Verflechtung von Springer und der kommunistischen Nachfolgepartei als „Zumutung“. Auch daß er Klassenkamerad Bayers war, spiele natürlich keine Rolle.

Also wurde vom Parlament eine Kommission eingesetzt. Kommissionssekretär Molnar erklärte daraufhin, die USP habe einen „Pakt mit Springer“ geschlossen. Kompliziert wird die Angelegenheit durch die Behauptung der Sozialisten, die Blätter seien „nicht mehr im Besitz der Partei, sondern staatliches Eigentum“. Damit wären aber führende Wirtschaftsfachleute wegen Veruntreuung staatlichen Eigentums zu belangen. Doch weder Molnar noch der Kommissionsmitglied Miklos Haraszti („Freie Demokraten“) wollen gegen die Privatisierung prinzipiell zu Felde ziehen. „Unerlaubt ist es jedoch, daß Funktionen der Marktwirtschaft durch Geheimpakte einstiger Schulgefährten ersetzt werden.“