Bonn entwickelt DDR-Entwicklungshilfe

■ In der Bundeshauptstadt wird über die Fortführung von DDR-Entwicklungshilfe-Projekten beraten Entscheidungen fallen Ende Juli / Das Krankenhausprojekt Carlos Marx in Nicaragua läuft 1995 aus

Berlin (taz) - Seit gestern beschäftigen sich im Bonner Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) insgesamt drei Tage lang Mitarbeiter der beiden deutschen Entwicklungshilfe-Ministerien mit der Frage, welche der bislang von der DDR betriebenen Projekte gemeinsam fortgeführt werden sollen. Bei einem ersten Treffen am 27.Juni in Ost-Berlin waren bereits neun Arbeitsgruppen gebildet worden, die sich nun treffen, um am 26./27.Juli voraussichtlich in Konstanz endgültig über künftige gemeinsame Projekte zu entscheiden.

Besondere Schwierigkeiten haben sich bei den Vorbereitungen vor allem daraus ergeben, so Graf Plettenberg vom BMZ gegenüber der taz, daß Entwicklungshilfe-Leistungen in der DDR von nahezu 100 unterschiedlichen Organisationen durchgeführt wurden und mit Personen besetzt waren, die bisher rein ideologische Aufgabenstellungen wahrgenommen hätten.

Sechs der neun Arbeitsgruppen werden sich mit Projekten in den traditionellen Schwerpunktländern der DDR -Entwicklungshilfe beschäftigen, beispielsweise in Kuba, Nicaragua, Vietnam und Äthiopien.

Darüber hinaus muß in drei Facharbeitsgruppen geklärt werden, wie künftig mit der Verschuldung dieser Länder gegenüber der DDR und mit dem sogenannten Präferenzpreissystem umgegangen werden soll, das Ostberlin mit ihnen eingegangen ist, sowie mit dem Aus- und Fortbildungsprogrammen, die bislang fast ausschließlich in der DDR und nicht in den Partnerländern selbst stattgefunden haben.

Nach Auskunft Plettenbergs steht schon jetzt fest, daß das Krankenhausprojekt Carlos Marx in Nicaragua nicht fortgeführt werden soll, „da es nicht in unsere übliche Projektkonzeption paßt“. Dort arbeiten zur Zeit noch 80 Entwicklungshelfer aus der DDR, die nach der jetzt beschlossenen Planung bis 1995 abgezogen werden sollen, um dann das Krankenhaus in nicaraguanische Hände zu übergeben. Die Kosten, die bis dahin anstehen, werden von der DDR übernommen. Offen sei, in welcher Weise das Hospital dann durch Medikamenten- oder Ausrüstungshilfe weiter unterstützt werden könne. Dagegen zeichnet sich ab, daß zum Beispiel ein Orthopädie-Projekt in Pakistan fortgeführt werden kann.

Bei dem zweiten Treffen in Konstanz wird voraussichtlich dann auch die strukturelle Zusammenlegung beider Entwicklungshilfe-Ministerien in einer neuen gesamtdeutschen Regierung festgelegt.

Barbara Geier