Letztes Haushaltsgeld für West-Berlin

■ Haushalt '91 steigt auf 27 Milliarden DM / Mehr Geld für Wohnungsbau und Stadtentwicklung / Meisner sorgt sich um Gesamtberliner Haushalt

West-Berlin. Den voraussichtlich letzten eigenen Haushaltsentwurf hat der Westberliner Senat für das Jahr 1991 gestern vorgelegt. Dieser Haushaltsentwurf wird nach der Vereinigung beider Stadthälften angepaßt werden müssen, der Westberliner Finanzsenator Meisner erwartet aber, daß frühestens im Sommer 1991 ein gemeinsamer Haushalt für Gesamt-Berlin aufgestellt werden kann. Meisner äußerte Zweifel daran, daß der Ostberliner Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung für 1991 einen eigenen gedeckten Haushalt verabschieden können. Wie berichtet, beträgt die Deckungslücke im Ostteil der Stadt allein für dieses Jahr rund 1,7 Milliarden DM.

Die Ausgaben im Westberliner Haushalt sollen 1991 um 5,3 Prozent steigen auf insgesamt rund 27 Milliarden DM. Die Steuereinnahmen veranschlagt der Senat nach Meisner auf 6,6 Milliarden DM, als Bundeshilfe aus Bonn wurden 13,5 Milliarden DM zugesagt. Damit nimmt die Bundeshilfe zum Berliner Haushalt zum ersten Mal seit den 50er Jahren weniger als die Hälfte des Gesamtvolumens ein. Die Nettoneuverschuldung von 1,4 Milliarden DM, die von SPD und AL in ihren Koalitionsvereinbarungen als Höchstgrenze festgeschrieben wurde, soll auch im nächsten Jahr nicht überschritten werden. Die größten Steigerungsraten sollen nach den Worten Meisners die Kernbereiche rot-grüner Politik erhalten: Jeweils 13 Prozent mehr Mittel fließen in den Wohnungsbau sowie in die Stadtentwicklung und den Umweltschutz.

Zwölf Prozent mehr Geld bekommt auch der Bereich Arbeit/Verkehr und Betriebe, sieben Prozent Wissenschaft und Forschung. Nach den Worten Meisners wurde in allen anderen Bereichen gleichmäßig gekürzt, ohne einen Einzelhaushalt besonders schröpfen zu müssen. Im öffentlichen Dienst sollen vor allem in der Hauptverwaltung und in den Bezirken Stellen eingespart werden, um andere bewilligen zu können. Im Bereich Schule soll es 280 neue Lehrerstellen und 40 für Lehrhilfspersonal geben, im Bereich der Kitas 99 sowie die bereits zugesagten 247 Stellen aus dem Kita-Streik. Der Haushalt 91 soll in einem beschleunigten Verfahren beraten und Mitte Oktober im Abgeordnetenhaus verabschiedet werden. Auf die leidige Koalitionsfrage angesprochen, beteuerte Meisner mehrmals, die Haushaltsberatungen seien in freundlicher und entspannter Atmosphäre verlaufen.

Sorgen macht sich der Finanzsenator über den gemeinsamen Haushalt für Gesamt-Berlin. Es sei klar, daß er nicht proportional zum Bevölkerungszuwachs aus Ost-Berlin wachsen werde. „Es wird sicher geteilt werden müssen“, prognostizierte Meisner für den Westen, und der Osten könne nicht sofort auf das Niveau des Westens gehoben werden.

kd