Ruhte sich „Carlos“ in Ost-Berlin aus?

Berlin (afp/taz) - Der international als „Top-Terrorist“ gesuchte Ramirez-Sanchez Illich, genannt „Carlos“, und die beiden Palästinenser Abu Hisham und Abu Daud sollen seit 1979 bis weit in die Mitte der achtziger Jahre hinein in der DDR regelmäßig vor westlichen Fahndern und Geheimdiensten versteckt worden sein. Dafür will der DDR-Innenminister Peter Michael Diestel, wie er der 'Bild-Zeitung‘ erklärte, „wahrscheinlich noch in diesem Monat“ Beweise vorlegen.

Höchstens zehn Leute in der DDR-Führung wußten nach Auffassung Diestels vom zeitweiligen Aufenthalt Carlos‘ in der DDR, unter ihnen „ganz sicher“ Stasi-Chef Mielke und „sehr wahrscheinlich“ Erich Honecker. Wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung, Strafvereitelung und „möglicherweise Beihilfe zum Mord“ droht beiden nun ein erstes strafrechtliches Verfahren. Laut Diestel geht aus sichergestellten Archivunterlagen der Staatssicherheit hervor, „daß die Stasi Carlos und die anderen völlig unter Kontrolle hatte“. Carlos sei regelmäßig Gast des Ersten Sekretärs der jemenitischen Botschaft in Berlin-Pankow gewesen, habe im „Hotel Metropol“ in Ost-Berlin gewohnt und sich im „Haus Berlin“ mit Stasi-Callgirls vergnügt (vielleicht zusammen mit Heinrich Lummer?). Dabei habe er sich vor westlichen Fahndern offenbar „völlig sicher“ gefühlt.

Gegenüber 'Bild-Zeitung‘ sagte Diestel, zwischen den drei Gesuchten und der DDR-Führung habe es Absprachen über die Unterstützung bei der Waffen- und Sprengstoffausbildung in DDR-Lagern und das Knüpfen von Kontakten zwischen den arabischen Botschaften, der PLO und Ost-Berlin als Drehscheibe für „alle Terroristen“ gegeben.

„Carlos“ soll für den Überfall auf die Wiener OPEC-Tagung im Jahr 1975 und weitere blutige Anschläge verantwortlich sein. Abu Daud gilt als Organisator des Anschlags auf die israelische Olympiamannschaft in München 1972. Für diese Aktion, die siebzehn Menschenleben forderte, wird auch Abu Hisham, der Sicherheitsexperte der PLO, mitverantwortlich gemacht.

gero