Umschulen statt entlassen

■ Aufbauschwierigkeiten bei der Arbeitslosenversicherung

Berlin (taz) - Die Auszahlung des Arbeitslosengeldes an die (bis Anfang Juli) 142.000 registrierten Arbeitslosen der DDR ist gesichert. Das erklärte der Staatssekretär im Arbeitsministerium Horst Kinitz gestern vor Journalisten in Berlin. Kinitz ist gleichzeitig amtierender Leiter der Zentralen Arbeitsverwaltung der DDR.

Schwierigkeiten beim Aufbau einer funktionierenden Arbeitsverwaltung in der DDR ergeben sich vor allem aus dem Fehlen geeigneter Verwaltungsgebäude. In vielen Städten sind die Dienststellen in verschiedenen Gebäuden über die Stadt verstreut. Die 38 neu eingesetzten Arbeitsamtleiter wurden in einem einwöchigen Crash-Kurs von der westdeutschen Bundesanstalt auf ihre Aufgabe vorbereitet. Zusätzlich wurden rund 500 West-Berater befristet in die DDR geschickt.

Der Staatssekretär, der sich von dem westdeutschen SPD -Politiker Herbert Ehrenberg beraten läßt, hob die im Unterschied zur Bundesrepublik günstigere Kurzarbeiterregelung in der DDR hervor. Danach können DDR -Betriebe in der Übergangsphase zur Marktwirtschaft zwischen dem 1. Juli 1990 und dem 1. Juli 1991 Kurzarbeit beantragen, auch wenn es sich um strukturelle Umstellungen des Produktionsprozesses handelt. In der Bundesrepublik wird Kurzarbeit nur für vorübergehende konjunkturelle Einbrüche genehmigt. Das Arbeitsamt zahlt für kurzarbeitende Beschäftigte Lohnersatz und Sozialversicherung. Gleichzeitig können Umschulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Betriebe durchgeführt werden. Auch hier ist die Regelung in der Bundesrepublik schlechter: Umschulungen kommen nur solchen Arbeitnehmern zugute, die „schon draußen“ sind, wie Ehrenberg meinte.

Kinitz weigerte sich, Angaben über die zu erwartende Arbeitslosigkeit in der DDR zu machen. Alle Aussagen dazu seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt „nicht seriös“. Er appellierte an die Betriebe in der DDR und an die Arbeitnehmer, die Möglichkeiten des Arbeitsförderungsgesetzes für Kurzarbeit und Qualifizierung wahrzunehmen. Ehrenberg ergänzte, es reiche nicht aus, nur in neue Techniken zu investieren. Parallel dazu seien Invesititionen in „Human-Capital“ nötig, meinte der West -Berater im schönsten Marktwirtschaftsjargon.

Die Arbeitslosenversicherung ist einer der Beschäftigungssektoren mit den höchsten Zuwachsraten in der DDR. Derzeit wird die Arbeitslosigkeit von rund 8.390 Beschäftigten verwaltet. Es sollen in den nächsten Monaten etwa 11.000 werden. Damit, so Kinitz, wäre „die DDR versorgt“.

az/marke