„Druschba“ mit Hula-Hoop

■ Deutsch-sowjetisches Volksfest macht Festen der West-Alliierten Konkurrenz / 80 Kinder aus Tschernobyl können sich kostenlos vergnügen

Schöneberg. Die Russen kommen! Aber nicht mit T34 und Stalinorgel, sondern mit Big Band und Folklore-Show. Nach Wodka „Gorbatschow“ und Tabak „Prawda“ hat unsere Stadt jetzt ein Fest „Perestroika in Berlin“. Von heute an bis zum 22. Juli findet das „Erste deutsch-sowjetische Volksfest“ auf dem Festplatz in der Jaffestraße statt. Neben den üblichen Schaustellern (zum ersten Mal eine „Revue der Illusionen“ und „Die steile Wand“) gibt's ein gemischtes Kulturprogramm. Das reicht von der „Folklore-Show der Panzertruppen der sowjetischen Streitkräfte“ über das große Orchester des Stabes der Westgruppe der Sowjetischen Streitkräfte (Repertoire von russischen Liedern bis zu Berliner Gassenhauern) hin zu den „Kosmonauten der Hochartistik“ aus der DDR, die erstmalig in Berlin „mit Luftsensationen zwischen Himmel und Erde, gewagten Schrägseilläufen und atemberaubenden Motorradfahrten“ glänzen wollen. Außerdem gibt's ein „Filmtheater im Zelt“, wo in ständiger Folge Kinder-, Natur- und Unterhaltungsfilme aus der SU gezeigt werden und Artisten des Moskauer Staatszirkus auftreten. Dazu gehören die berühmte Ljuba Akimowa, die „Dame mit den dreißig Hula-Hoop-Reifen“, und Aleksandre Katenin, das „Einmannorchester auf dem elektronischen Akkordeon“.

Am 15. Juli werden Gäste erwartet, die ein bißchen Spaß dringend gebrauchen können. 80 Kinder aus Tschernobyl können sich kostenlos mit allem, was es auf dem Fest gibt, von dem ablenken, was ihnen der Atomwahnsinn eingebrockt hat. Alex Kozulin, ehemaliger Sowjetbürger und einer der Veranstalter, will auch zeigen, daß zwischen offizieller Politik und dem sowjetischen Alltag ein großer Unterschied besteht. Ein bißchen von der Seele des russischen Volkes will er zeigen, eben „Rußland zum Anfassen“.

Weil die Zukunft sowieso im Osten liegt, sollte man sich jetzt schon mal mit den Sitten und Gewohnheiten dieses Landes bekannt machen und kosten, was die original russische Köchin „Jelnotschka“ aus dem dampfenden Kessel zaubert. Zumindest der Eintritt aufs Gelände ist ja frei.

Torsten Preuß