Köpenicker Kulturkommunen-Kalamitäten

■ Das Projekt „Alte Möbelfabrik“ droht einzugehen / Runder-Tisch-Beschlüsse offensichtlich nicht mehr gültig

Köpenick. Im Frühjahr diesen Jahres schlossen sich einige Kulturschaffende Köpenicks mit dem Ziel, im Stadtbezirk eine alternative Kulturarbeit zu beginnen, zur „Kulturkommune Alte Möbelfabrik“ zusammen. Den Namen gab sich die Vereinigung nach ihrem selbstgewählte Domizil, der Ruine einer ehemalige Möbelfabrik in der Karlstraße - mitten im Neubaugebiet „Kietzer Feld“. Seinerzeit besetzten die Initiatoren kurzerhand das leerstehende Grundstück, schlossen eine Sicherheitspartnerschaft mit der Volkspolizei und versuchten, im Rathaus Köpenick Verbündete für ihr Anliegen zu finden (die taz berichtete Anfang Mai).

Bis zu den Kommunalwahlen vom 6. Mai dieses Jahres hatten die Köpenicker Kulturfreunde relativ wenig Probleme damit, Unterstützung zu erhalten. Regelmäßig wurden Beratungen zwischen den Initiatoren des Projektes und dem Rat des Stadtbezirkes sowie der Kommunalen Wohnungsverwaltung (KWV), dem Eigentümer des Grundstückes, abgehalten. Schritt für Schritt wurden Maßnahmen zur Sicherung der maroden Bausubstanz geprüft und in die Wege geleitet, ein Architekt wurde sodann beauftragt, ein Projekt zur Sanierung des ehemaligen Fabrikgebäudes vorzulegen - für erste Sofortmaßnahmen stellte die damalige Stadtbezirksverordnetenversammlung sogar 30.000 Mark zur Verfügung.

Des weiteren wurde der - inzwischen zum e.V. avancierten Kulturkommune ein Mieterlaß bis 30.Juni dieses Jahres gewährt. Auf einer seiner letzten Sitzungen empfahl der Runde Tisch der neuen Bezirksversammlung, das Projekt auch weiterhin zu unterstützen. Alles in allem schien es, daß hier ein - für derzeitige Ostberliner (Kultur-)Verhältnisse einmaliges - Beispiel dafür geschaffen wurde, daß Kultur nicht daß fünfte Rad am krisengeschüttelten (Rats-)Wagen sein muß.

Nachdem nun aber die neue Stadtbezirksregierung unter Bürgermeisterin Höppner (SPD) das Heft in die Hand genommen hat, scheint ein Sinneswandel in Sachen Kulturkommune in des Rathaus eingezogen zu sein. Wurde in der Beratung vom 21.Mai noch erwogen, der Kommune einen Bankkredit als Anschubfinanzierung zukommen zu lassen, so gehen die Gedanken der Bürgermeisterin immer mehr dahin, sich des Projektes zu entledigen. So schlug sie unter anderem vor, „das Objekt Karlstraße 12 einer Versicherungsgesellschaft“ anzubieten, die das Gebäude sanieren, dafür aber das Nutzungsrecht für einen Teil der Räumlichkeiten erhalten würde. Andere Vorschläge ihrerseits sahen vor, entsprechende Räume an Gastronomen zu verpachten, um so von den Einnahmen ein Überleben der Kulturkommune zu sichern. Auf derartiges ließen sich die Initiatoren des Projektes natürlich nicht ein, würden sie sich dadurch doch in eine Abhängigkeit begeben, die mit dem Sinn des Projektes nichts mehr gemein hätte.

Dabei ist es interessant zu wissen, daß die heutige Stadtbezirksbürgermeisterin von Köpenick seinerzeit selbst am Runden Tisch saß und eben jenes alternative Projekt für fortführungswürdig hielt. Verbal spricht sie sich noch heute dafür aus. Bürgermeisterin Höppner zur taz: „Ich stehe noch heute hinter diesem Projekt.“ Doch - leider, leider hätte man nun gar kein Geld mehr dafür. Einen Rechtsträgerwechsel des Grundstückes Karlstraße 12, von Frau Höppner auf der Beratung am 8. Juni den Mitgliedern der Kulturkommune angeboten, kommt für sie mittlerweile auch nicht mehr in Frage. Dabei würde ein solcher Akt zumindest erst einmal den Druck der nun ins Haus stehenden Mietforderungen von den Kulturkommunarden nehmen. Frau Höppners Begründung, warum dies nicht mehr möglich sei, klingt etwas seltsam: „Wie wir mittlerweile von Herrn Schwierzina wissen, fehlen in Ost-Berlin rund eine Milliarde Mark. Da können wir uns praktisch gar keine Ausgaben mehr leisten.“ Nur vergaß sie hinzuzufügen, daß eben jene KWV ein Betrieb des Magistrats ist - was also bei der einen Kostenstelle als Einnahme gebucht wird, hat die andere als Ausgabe - ein reiner Verwaltungsakt.

Die Vermutung, daß es sich hierbei weniger um die Vermeidung von zusätzlicher Verwaltungsarbeit als vielmehr um den Versuch handelt, ein mittlerweile lästig gewordenes Projekt sterben zu lassen - so meinen einige Kommunenmitglieder -, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Einige sprechen sogar schon davon, daß es lediglich der Wahlkampf war, der die Köpenicker SPD damals dazu veranlaßte, am Runden Tisch den Arm zu heben. Dazu Bürgermeisterin Höppner zur taz: „Es ist eben ein Unterschied, ob man als Runder Tisch was beschließt oder ob man in der Regierung sitzt.“

Olaf Kampmann